Ueberblick

Aus

Ein

mailto:info@causa-nostra.com

Rundblick

Ausblick

Einblick

Rückblick

Überblick
     
   

Einblick 

     

Beethovens Sphärenmusik

       
     
       
     

Beethovens Sphärenmusik

       
     
       
     

C-moll-Sonate Opus 111 – Beethovens „Sphärenmusik"

Unter den vielen großen Werken abendländischer Musik gibt es einige von ganz besonderer Bedeutung. Zu diesen zählt fraglos die Klaviersonate in c-moll Opus 111 von Ludwig van Beethoven. Wer sie nicht kennt – oder vielleicht nur oberflächlich – hat gute Ursache, sich näher mit ihr zu befassen, sie gut anzuhören.

Wenn es eine Königin der Künste gibt, die aus dem Geistigen immer wieder neu geboren wird, so ist es sicherlich die Musik – jene wahre, große Musik, wie sie seit jeher allein der europäische Mensch hervorzubringen vermag. Wenn die Europäische Union die „Ode an die Freude" aus dem 4. Satz von Beethovens 9. Sinfonie zur Europahymne kürte, so hat sie damit ohne Zweifel eine gute Wahl getroffen – vielleicht die beste; denn nirgends sonst zeigt sich der Geist Europas besser als in Ludwig van Beethovens Musik zu einem Text von Friedrich von Schiller.

Gewiß, auch das Leitmotiv aus dem Te Deum von Marc-Antoine Charpentier, das als „Eurovisionsfanfare" bekannt ist, wäre eine gute Wahl gewesen. Ja, viele Möglichkeiten hätten sich angeboten, von Bach und Händel, Mozart und Heyden, Schubert, Verdi, Wagner oder Tschaikowsky. Doch die Europäische Union traf mit dem Griff in Beethovens 9. wohl wirklich die beste Wahl.

Aus Respekt vor diesem Werk – aber wohl auch aufgrund innerer Verbundenheit – hat Richard Wagner verfügt, daß als erstes bei den Bayreuther Festspielen immer Beethovens 9. Sinfonie gespielt werden soll. Und tatsächlich hatten diese beiden Männer, Beethoven und Wagner, die etliche Zeit und auch der musikalische Stil unterschieden, vieles miteinander gemeinsam – besonders in der Auffassung gegenüber dem Leben. Beide suchten die höchste Kraft weniger im Überirdischen, rein Göttlichen als im der Kraft der Liebe zwischen Mann und Frau. Richard Wagner brachte dies in „Tristan und Isolde" auf den Höhepunkt seines Schaffens, Ludwig von Beethoven in seiner Oper „Fidelio".

Beethoven hat ja nur eine einzige Oper komponiert: eben Fidelio. Das Libretto war wohl nicht ganz so gelungen, wie er es sich vorgestellt hatte, weshalb er sich an keine weitere Oper begab. Beethoven schrieb das Libretto ja nicht selbst, wie Richard Wagner, der seine Libretti selber verfaßte. Das zu „Fidelio" stammte von Stephan von Breuning, Joseph Ferdinand von Sonnleitner und Georg Friedrich Treitschke, zurückgreifend auf den Text „Léonere ou l’amour conjugal" von Jean Nicolas Bouilly. Wohl typisch für Beethoven sind aber die Motive, die ihn sein Leben lang begleitet haben: Die Freiheit des Menschen und die Liebe zwischen Mann und Frau. In der berühmten Leonoren-Arie werden diese beiden Motive auf unvergleichliche Weise musikalisch lebendig. Und ohne eine direkte Verwandtschaft dieser Komposition mit der c-moll-Sonate Opus 111, kann man doch denselben Geist speziell in der Arietta des 2. Satzes erfühlen.

Obschon Beethovens Werke keine Programmusik genannt werden können (wie etwa später die sinfonischen Dichtungen von Richard Strauss), sind doch zumeist Motive in ihnen erkennbar, die von menschlichen Gefühlen und Lebenseinstellungen sprechen. So auch in seinen späten Klaviersonaten. Die letzte, die c-moll Opus 111 (es gibt noch eine andere, frühere Sonate in c-moll von Beethoven, deshalb ist hier immer die Opus-Zahl erwähnt), von der wir heute ein wenig sprechen wollen, hat Musikwissenschaftler, Philosophen und auch manche Dichter zum Grübeln gebracht. Viele haben sich mit diesem Werk auseinandergesetzt. Die einen den Geist Beethovens verstehend – wie beispielsweise Jürgen Uhde – die anderen – wie etwa Thomas Mann – ohne diesen zu begreifen. Das lag natürlich auch stets an der einzelnen Persönlichkeit. Uhde meinte in Beethovens c-moll Sonate Opus 111 „Sphärenklänge" zu vernehmen, die sich in immer höhere Sphären schwingen. Er rückte sie bis zu einem gewissen Grad ins Metaphysische, wenn er – offenbar auch an Hegel denkend – fragt: „Formt der Weltgeist, ohne Wissen des produzierenden Subjekts, hier tatsächlich endzeitliche Musik?" Diese Grundidee empfanden viele, als sei dieses späte Werk Beethovens gleichsam ein spirituelles wie auch weltanschauliches Testament des großen Geistes Ludwig von Beethoven.

So spricht Walter Riezler davon, diese Musik leite unmittelbar in die Unendlichkeit, auf einem Weg ohne Umkehr, bis zur völligen Vergeistigung und der Auslösung im All. Daß Beethoven es so empfunden und gemeint haben sollte, ist zweifelhaft. Möglich, in Verbindung mit Uhdes Auffassung vom Durchwirken des Unbewußten könnte Riezlers Gedanke der Wahrheit tatsächlich nahekommen. An vollständige Verklärung und Auflösung im All zu denken, wäre Ludwig von Beethoven aber sicherlich fremd gewesen. Er hatte stets einen sehr klaren und durchschauenden Bezug zu den Dingen dieser Welt. Er hatte weder zur Religion ein enges Verhältnis noch zu dem, was heutzutage „Esoterik" genannt werden würde. Beethoven sah sicher im Wesen des Menschen den Schlüssel zu allem Übrigen, weshalb ihm auch die Freiheit des einzelnen so besonders hoch stand. Allein der sich frei entfaltende Mensch kann sein, was in ihn gelegt ist, kann die guten Kräfte, die ihm zueigen sind, nutzen. In selben Sinne sind negative Kräfte, die in vielen Menschen ebenfalls stecken, durch die positiven zu bekämpfen und zu überwinden. Das Leben auf dieser Erde ist also immer ein Kampf zwischen gut und schlecht – seit Anbeginn und bis ans Ende der Zeit. Für die Menschen dieser Welt ist die Liebe zwischen Mann und Frau die höchste, alles überwindenkönnende Macht. Das ist das Leonoren-Motiv, welches auf irgendeine Weise bei Beethoven fast immer wiederkehrt. Ganz anders als Johann Sebastian Bach, der all sein Schaffen als „zur Ehre Gottes" bezeichnete, gilt das Werk Beethovens den Menschen!

Mit seiner Sonate 32, der Sonate in c-moll Opus 111, begann Ludwig van Beethoven um das Jahresende 1821. Im April 1822 war dieses Werk vollendet. Manche Motive, die Beethoven schon lange beschäftigt hatten, gewannen hier musikalische Gestalt. Das Werk erschien zunächst in Paris.

Es ist als Erzherzog-Rudolph-Sonate bekanntgeworden. Beethoven hatte dem Verleger freigestellt, eine geeignete Widmung vorzunehmen. Erzherzog Rudolph von Österreich erschien als eine Persönlichkeit, die der Komponist schätzte. Dann aber wünschte Beethoven, das Werk Antonie Brentano zu widmen, jener Frau, die für ihn eine ewige, quasi mystisch-unsterbliche Geliebte war. Die Änderung konnte aber nur noch in der englischen Ausgabe erfolgen. So ging dieses Werk als „Erzherzog-Rudolph-Sonate" in die Musikgeschichte ein.

Daß Beethoven diese Sonate – gerade diese – schließlich lieber Antonie Brentano gewidmet wissen wollte, kann sicher charakteristisch für ihn genannt werden. Zum einen, weil sich seine vielbeschäftigten Gedanken erst spät um solch ein Detail kümmerten – zum anderen, weil es ihm dann aber doch wichtig wurde.

Es ist hier nicht der Platz für eine musikwissenschaftliche Abhandlung. Wer sich für eine solche interessiert, findet dazu eine Menge an Fachliteratur. Hier ist der Platz, all denjenigen, die Beethovens c-moll-Sonate Opus 111 nicht oder bloß vage kennen den Rat zu geben, sich mit diesem Werk zu befassen.

Die beste Aufnahme, die es davon gibt, ist wohl noch immer die späte von Elly Ney. Wir haben es hier mit einem Werk zu tun, das auch der talentierteste junge Pianist schwerlich so gut wiederzugeben vermöchte wie ein Mensch in höherem Alter.

PS. Für diejenigen, die sich noch nicht allzu viel mit Musik beschäftigt haben, aber natürlich wissen, daß Ludwig van Beethoven in seinen späten Jahren praktisch taub war, sei angemerkt, daß ihn dieses tragische Geschick in seinem musikalischen Schaffen nicht behindert haben kann, denn wer Noten liest hört dabei innerlich die Musik ebenso, wie beim Lesen eines Buchs innere Bilder erscheinen.

       
               
               
     

       
               
               
Überblick Ausblick Einblick Rückblick Rundblick Galerie Tonarchiv

Home


Um an die Stelle  "zurück"  zuspringen, von der Sie gekommen sind,   verwenden Sie bitte den  "Zurück-Pfeil"  Ihres Browsers !