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Die Templer 
Teil 6

       
     
       
     

Die Templer 6

       
     
       
      Die Templer, 6. Teil

Die Templerprozesse

Die Prozesse gegen die Templer sind nicht besonders gut, aber doch wenigstens streckenweise ein bißchen dokumentiert. Von Frankreich ausgehend, fanden sie in mehreren europäischen Ländern statt. Allein in Deutschland hatte der Templerorden so viele Freunde und Unterstützer bis in höchste Kreise, daß er dort nie in nennenswerte Schwierigkeiten kam. Der deutsche König Albrecht der I. (1298-1308, aus dem Hause Habsburg), wies das Ansinnen von König Philipp IV. (1268-1314) von Frankreich kategorisch ab, gegen die Templer in Deutschland vorzugehen. Wieso diese außerordentlich günstige Lage in Deutschland für die Templer bestand, soll nachher noch durchdacht werden. Es half dem Orden insgesamt jedoch wenig, da dessen Hauptsitz und Schwerpunkt sich nun einmal in Frankreich befand; und dort ging man rabiat gegen die Templer vor. Mit welchen fadenscheinigen Argumenten – und wie fern von einer Ahnung um die tatsächlichen Hintergründe des Ordens – das soll nun näher betrachtet werden, ehe wir auf die Prozesse selbst eingehen, welche ja nur unvollkommen überliefert sind.

Die Lage des Templerordens in Frankreich hatte sich im Laufe der Jahre verändert. Die Templer genossen im Volk nicht mehr die Beliebtheit der Erfolgreichen Kreuzfahrer von einst. Der letzte Versuch, Palästina doch noch einmal zurückzuerobern, an welchem Jacques de Molay 1302 persönlich teilnahm, scheiterte kläglich. Weitere Überlegungen zur Rückeroberung Jerusalems kamen über vage Planungen nicht hinaus. Im Grunde hatte man sie aufgegeben. Die Tempelritter waren in den Augen des Volkes also nicht mehr die Helden, welche erfolgreich für den Glauben ins Feld zogen und heilige Stätten der Christenheit einnahmen. Statt dessen galten die reichen Ritter als arrogant. Diesen Ruf hatten sie schon früher. Dazu ist ein bekanntes Beispiel: als König Richard I. von England (1157-1199, genannt „The Lionheart") einmal Überheblichkeit vorgeworfen wurde, sagte der darauf, diese wolle er ablegen und den Tempelrittern geben, wo sie am besten hinpasse. Was also schon während der Zeit der Kreuzzüge galt, kam nun um so mehr unangenehm zum Ausdruck, wo das Flair der Kreuzfahrerhelden die Templer nicht mehr umgab. Im Volk sind sie damals nicht sonderlich beliebt gewesen, das gilt jedenfalls für Frankreich. Dies hat bei den Überlegungen Philipps IV. welcher auch „der Schöne" genannt wurde, sicherlich eine Rolle gespielt. Er baute gegen die Templer nur solche Vorwürfe auf, die im Volk Abscheu hervorzurufen geeignet waren, unabhängig davon, ob an diesen etwas Wahres sei oder nicht. Zugleich wurde alles eventuell Komplizierte vermieden. Neuzeitlich können wir sagen: in dieser Angelegenheit handelte Philipp populistisch.

Seine Position gegenüber dem Templerorden war an sich nicht günstig. Der König hatte hohe Schulden. Das Hauptquartier der Templer in Paris war praktisch schon beinahe zur Schatzmeisterei des französischen Königreichs geworden. Dem König noch mehr Geld zu geben, lehnten die Templer ab. Auch den Assoziantenstatus gewährten sie dem König nicht. Hätten die Templer einen Staatsstreich ins Auge gefaßt und einen solchen gut vorbereitet, so hätte sie ihn vermutlich durchführen können. Nach allen erhaltenen Quellen dachten sie zwar nicht daran, doch es gab Leute in Philipps Umgebung, die ihm einredeten, die Templer planten in Frankreich einen eigenen Ordensstaat zu errichten, so wie die mit ihnen verwandten Deutschordensritter es in Preußen schon getan hatten, teilweise unter Mitwirken von Templern. Diese de facto unbegründete Befürchtung, zusammen mit der Aussicht, die als unermeßlich geltenden Schätze der Templer zu rauben, veranlaßten Philipp zu seinem Vorgehen gegen den Templerorden. Deren alte Feinde sorgten für die nötigen Denunziationen.

Am 14. September 1307 beschloß Philipp unter Zustimmung seines Reichsrats, alle führenden Templer in ganz Frankreich verhaften zu lassen. Diese würden sich dagegen kaum zur Wehr zu setzten vermögen, denn sie verfügten über keine Armee mehr. Das entsprechende Papier, wie es ins Land ging, sprach von schwerer Gotteslästerung durch die Templer. Am Freitag den 13. Oktober – auch einem „Schwarzen Freitag" – begann die Verhaftungswelle. Ein angeblich starker Verdacht der „Infamie" solcher Art rechtfertigte im XIII. Jahrhundert solch ein Vorgehen und das Eröffnen eines kanonischen Verfahrens. Es beinhaltete zugleich die Exkommunikation. Mit seiner Handlungsweise schuf Philipp IV. ein auch nach damaliger kirchenrechtlicher Auffassung unzulässiges Präjudiz. Aus Beaucaire, Bigorre, Caen, Cahors, Carcassonne und Nîmes sind einige Protokolle dieses Auftakts der Templerprozesse sind erhalten. Die Hauptanklagepunkte lauteten: Bei der Aufnahmezeremonie müßte der neue Tempelritter Christus dreimal verleugnen und das Kreuz dreimal bespucken. Sodann müßte er den Meister „auf das Ende des Rückgrats", auf den Bauchnabel und den Mund küssen. Dadurch verpflichte er sich zugleich zur Homosexualität. Schließlich müsse er erklären, Gott zu verlassen und sich mit Dämonen zu verbünden, welche auch anzubeten seien. All dies paßt zu den im Mittelalter gängigen Vorstellungen von Hinwendung zum Teufel, wie sie auch im einfachen Volk verbreitet waren. Der ergänzende Vorwurf der Götzenverehrung gegen die Templer rundete das Bild ab. Alles war offenkundig darauf ausgerichtet, nicht zuletzt im einfachen Volk den erwünschten Widerhall auszulösen. Diese Anklagepunkte bildeten die Grundlage bei den Verfahren, welche auch unter Anwendung von Folter stattfanden, und zwar noch bevor die Inquisition in den Prozeß eingeschaltet wurde. Das erfolgte erst am 19. Oktober 1307. Dergestalt verhört wurden zunächst 138 Tempelritter. Stark lückenhafte Dokumente dazu gibt es aus Paris, Chaumont, Renneville und Troyes. 133 der peinlich Befragten gestanden die ihnen vorgeworfenen Untaten. Ihre Aussagen ähneln einander über Gebühr, was auf die „summarische" Protokollierungsform zurückzuführen sein dürfte. Erst am 24. Oktober fand das erste Verhör des Großmeisters Jacques de Molay statt. Dieses führte nun der Inquisitor Guillaume Imbert, ein Dominikaner.

Am 27. Oktober 1307 trat anscheinend eine Wende ein. Papst Clemens V. (ca.1250-1314), protestierte gegen die Verhaftung der Templer. Er kritisierte auch die angewendete Folter und sprach gegen die Beschlagnahme des Ordensbesitzes. Daraufhin rief Philipp IV. eine Versammlung von Doktoren und Prälaten ein, vor denen Jacques de Molay nun auftreten mußte. Erstaunlicherweise gestand der Großmeister sämtliche gegen ihn und den Orden erhobenen Vorwürfe, und er befahl all seinen Leuten, es ebenso zu halten. Warum tat er das? Aus Furcht vor weiterer Folter sicherlich nicht. Aber von 138 Templern hatten bisher schon 133 unter der Folter „Geständnisse" abgelegt. Dies zeigte, daß viele nicht standhaft genug waren, um nicht vielleicht auch noch Dinge zu verraten, von denen im Prozeß bisher keine Rede gewesen war. Namentlich in Frankreich, wo der dort besonders weitverzweigte Templerorden sich in der Nachkreuzzugszeit auf die Ausweitung seiner wirtschaftlichen Macht konzentrierte, gab es mittlerweile mehr Servienten als Ritter, und den Servienten traute der Großmeister vermutlich weniger Standhaftigkeit bei der Folter zu als Rittern. Von dem „gräulichen doppelköpfigen Götzen" war zwar die bereits die Rede gewesen (sicher eine der kleineren Figuri, welche in Villeneuve du Temple stand), doch von den Geheimlehren des Ordens war noch nichts an die Oberfläche gelangt. Jacques de Molay mag sich gesagt haben, daß weder König noch Kirche ein Interesse daran hatte, womöglich den Geist des Katharertums im Volk neu zu erwecken, und daß darum so absurde Anschuldigen erhoben wurden wie es geschah, anstatt nach tatsächlichen Häresien zu forschen. Insofern könnte es da sogar eine stilleschweigende Übereinkunft gegeben haben. Im übrigen schien Jacques de Molay darauf zu bauen, daß der Papst den ganzen Spuk bald beenden würde und dann alles wieder in Ordnung käme. Möglich auch, sein Gottvertrauen war so groß, daß er auf ein Eingreifen Gottes rechnete. Das hätten seine Kameraden in Deutschland und Oberitalien keinesfalls getan, denn für sie befand sich Gott ja außerhalb des Kosmos’, er griff in das Geschehen auf dieser Welt demzufolge nicht ein. Welche Motive Jacques de Molay auch immer zu seiner Verhaltensweise getrieben haben mögen: sie ist so wie geschildert dokumentiert.

Nach dem sonderbaren Geständnis des Templer-Großmeisters in Paris führte Philipp IV. mehr oder weniger geheime Verhandlungen mit Papst Clemens V, die wochenlang andauerten. An ihrem Ende stand die päpstliche Bulle „Pastoralis Praeeminentiae", mit welcher die Verhaftung sämtlicher Templer in allen Ländern angeordnet wurde. Der Papst schickte zwei Kardinäle nach Paris, unter deren Beobachtung das Weitere geschehen sollte. Vor ihnen widerrief Jacques de Molay nun sein Geständnis. Ebenso taten es die anderen leitenden Ordensmitglieder, deren Namen überliefert sind: Godefrois de Charny, Godefrois de Gonneville und Hugues de Pairaud. Der Papst zeigte sich wankelmütig. Philipp baute nun erneut auf sein „populistisches" Vorgehen. Er rief in Tours eine Ständeversammlung ein. Von komplizierten Häresien mit philosophisch Aspekten war keine Rede, sondern immer nur von den bekannten, durchsaus primitiven Anwürfen. Der „zweigesichtige Götze" fand zwar Erwähnung, wurde aber nicht gezeigt. Vermutlich war die Figur schon zerstört worden, vielleicht sogar noch von den überraschten Templern selbst. Philipp gelang es, die Bürger auf seine Seite zu ziehen. Nun, die Masse der Bevölkerung hinter sich wissend, konnte er die Templer auch gegenüber dem Papst als eine Gefahr großen Ausmaßes darstellen.

Am 28. Juni begann der dritte Templerprozeß. Er dauerte bis zum 1. Juli. Dann hatte Philipp in Frankreich das Spiel gewonnen. Zahlreiche Templer hatten ganz oder teilweise Geständnisse abgelegt. Mitunter waren dabei auch Dinge geäußert worden, welche die Anklage nicht enthielt. Solches wurde jedoch ignoriert. Die meisten der als Dokument erhaltenen Geständnisformulierungen klingen wie vorgezeichnet. Nun wurden der Großmeister sowie die anderen hohen Funktionsträger des Ordens in der Burg von Chinon (im heutigen Département Indre-et-Loire) gefangengesetzt. Dort wurden sie noch im selben Jahr abermals von den Kardinälen verhört. Danach zeigte sich der Papst von der Schuld der Angeklagten überzeugt. Mit der Bulle „Subit assidue" ordnete der den kanonischen (kirchenrechtlichen) Prozeß unter Leitung der Inquisition an. Von da an konnten die Bischöfe in ihren jeweiligen Bistümern eigenständig gegen Mitglieder des Templerordens vorgehen. Fast gleichzeitig wurde die weitere Prozeßführung an eine andere päpstliche Kommission übertragen. Die erneute Bulle „Faciens misericordiam" vom 12. August 1308 beinhaltete eine Liste der Anklagepunkte, wobei der Papst sich im wesentlichen an die Vorlage Philipps IV. hielt. Noch am selben Tag beraumte Clemens V. mit der Bulle „Regnans in Caelis" für das Jahr 1310 ein allgemeines Konzil nach Vienne an.

Im Februar 1310 traten etwa 600 Tempelritter in Paris auf, um ihre Gemeinschaft zu verteidigen. Keine Streitmacht, die mit Gewalt etwas hätte ausrichten können. Es ist auch umstritten, ob dies ihre Absicht war, oder ob sie durch Zeugnisanlegen die Rettung des Ordens bewirken wollten. Sie wurden sämtlich verhaftet. Praktisch war das Schicksal des Ordens schon besiegelt. Bis März fanden weitere Verhöre statt. Am 28. dieses Monats erklärten sich die vor Gericht stehenden Templer durch ihre formell bestimmten Verteidiger bereit, auszusagen. Wegen der großen Anzahl ordnete die päpstliche Kommission an, die Beschuldigten mögen einige Vertreter auswählen, die für alle auftreten sollten. Diese Rolle übernahmen Pierre de Bologne, ehemals Vertreter des Templerordens beim Heiligen Stuhl, Pierre de Bologne, Komtur von Orléans sowie die beiden Ritter Guillaume de Chambonnet und Bertrand de Sartiges. Zusammen mit Verteidigern, welche zu engagieren ihren zugestanden wurde, vertraten diese nun den Templerorden vor dem Tribunal. Sie hatten aber keine Chance auf ein reelles Verfahren. Am 12. Mai 1310 wurden sie von der Kommission unter Vorsitz des Erzbischofs von Sens, Philippe de Marigny, verurteilt. Für 54 Brüder des Templerordens, die früher die gegen sie erhobenen Vorwürfe als wahr gestanden, dann aber widerrufen hatten, lautere das Urteil: Tod auf dem Scheiterhaufen. Die päpstliche Kommission unterbrach dann ihre Tätigkeit bis Dezember desselben Jahres. Am 18. März 1311 ordnete Papst Clemens V. die Anwendung strengster Folter an. Er wollte die Dinge zu einem Abschluß bringen. Viele, die bis dahin standhaft geblieben waren, legten mehr oder weniger umfassende nun „Geständnisse" ab. Die Protokolle dazu, soweit erhalten, sind kurz und knapp. Einzelne Punkte werden nicht aufgezählt – inzwischen ging es um 88 Anklagepunkte. Neu aufgenommen war in diese der Vorwurf der Anbetung einer Katzenfigur, was mit einem Entdecken aber Mißverstehen des Yse/Isaria/Isais-Motivs zu erklären sein dürfte. Die knappen, formalisierten Protokolle sind sich alle ähnlich, über Einzelheiten erteilen sie keine Auskunft. Die 193 noch vorhandenen Protokolle betreffen 16 Ritter, 177 Servienten, von welchen viele hohe administrative Positionen innehatten, und 20 ordensinterne Priester. Wie groß die Anzahl insgesamt gewesen ist, liegt im Dunkel. Am 18 März 1314 starb auch Jacques de Molay, der 23. und letzte Großmeister des Templerordens auf dem Scheiterhaufen. Dieser wurde auf der Île aux Juifs errichtet, einer kleinen Seine-Insel vor der Spitze der Île de la Cité in Paris. Berühmt wurden seine aus dem Flammen geschleuderten Verwünschungen gegen König und Papst. Sie sind reichlich bezeugt – und beide erfüllten sich. Ob allerdings aufgrund des Handelns höherer Mächte oder auf durchaus irdischen Wegen, das wollen wir am Schluß unserer Betrachtung noch in Augenschein zu nehmen versuchen.

Die erhaltenen Unterlagen aus den Templerprozessen sind alles in allem wenig aufschlußreich. Es gibt kaum soweit ausformulierte Texte, daß es möglich würde sich ein genaues Bild zu formen. Die banalen Vorwürfe, die ganz offenkundig auf den Teufelsglauben des einfachen Volkes zugeschnitten waren, kann weder Philipp noch der Papst ernstgenommen haben. Die Templer haben gewiß eine Menge von Geheimhaltung verstanden, und die weitreichendsten Häresien waren auch nicht im Hauptsitz in Paris, sondern in der Geheimwissenschaftlichen Sektion in feste Form gebracht worden. Trotzdem schimmerte davon doch einiges durch. Eine der Figuri war gefunden worden – ob heil oder noch rechtzeitig teilweise zerstört – und diese war ein greifbares Sinnbild für einen auf gnostischen Anschauungen fußenden Glauben. In den Augen der Kirche zugleich ein „Götzenbild". Auch der Hinweis auf die Verehrung einer Katzenfigur läßt mehr erkennen. Die Göttin Yse (Isais) wurde mitunter ähnlich der ägyptischen Bastet dargestellt. Es gibt auch eine Abbildung, auf welcher der Kopf der Göttin zusammen mit dem eines Panthers zu sehen ist. Die Bedeutung indes blieb der Inquisition wohl verschlossen. Dagegen ist stark anzunehmen, daß sie Elemente bei den Templern erkannte, welche stark an die Katharer erinnern. Da waren viele Einzelheiten beinahe unübersehbar - begonnen bei der Form des Templerkreuzes – sobald die Gedankenverbindung einmal hergestellt war. Es wäre ein Irrtum, die Inquisitoren zu unterschätzen. König Philipp mochte es an Bildung fehlen, die Dinge zu durchschauen, die Inquisitoren aber taten es höchstwahrscheinlich. Und somit empfand die Kirche eine ganz andere, sehr viel ernstere Bedrohung durch die Templer. Die banalen Anwürfe Phillips, hatte Clemens V. noch zurückgewiesen. Erst was im Untergrund sichtbar wurde, alarmierte den Papst und ließ ihn Philipps Pläne unterstützen – aus ganz anderen Gründen als dieser ahnte. Die Logik der Zusammenhänge spricht genau dafür.

Diese ersten Templerprozesse in Frankreich mit den dort aufgeworfenen Anklagepunkten dienten als Muster für das Vorgehen gegen die Templer in anderen Ländern. Zwar wurde anderer Orten weniger vehement gegen die Templer vorgegangen, doch mehr die Vernichtung des Templerordens fand überall statt. So auch in England, Spanien und Italien. Ausnahmen bildeten allein Deutschland sowie die norditalienischen Handelsmetropolen Genua und Venedig.

In Deutschland regierte im Jahr 1308 König Albrecht I. Er kümmerte sich weder um das gegen den deutschen Zweig des Templerordens gerichtete Ersuchen des Königs von Frankreich noch folgte diesbezüglichen Wünschen des Papstes. Er ließ weder einen Templer verhaften noch zeigte er sich ihnen gegenüber unfreundlich. Mit Ausnahme von des Erzbischofs Burchard III. von Magdeburg, war auch die deutsche Geistlichkeit den Templern nicht feindlich gesinnt. Zumindest formal wurde aber auf Anweisung des Papstes auch in Deutschland ein Verfahren gegen die Templer eingeleitet. Clemens V. beauftragte Peter von Aspelt, den Erzbischof von Mainz, wenigstens gegen einige einzelne führende Templer vorzugehen, ohne aber irgendein Urteil über einzelne Personen oder den Orden als ganzes zu fällen. Der Papst muß gut darüber unterrichtet gewesen sein, daß er in Deutschland nicht ähnlich handeln konnte wie es ihm in Frankreich möglich war. Es wurde jedoch eine päpstliche Kommission bestellt, deren Vorsitz die Erzbischöfe von Mainz, Köln, Trier, Magdeburg, Basel, Konstanz, Breslau, Prag, Riga, und Uppsala innehaben sollten. Entgegen der Anordnung des Papstes, ließ der Erzbischof von Magdeburg den Templerkomtur Friedrich von Alvensleben und einige seiner Leute verhaften. Andere Templer der betreffenden Provinz verschanzten sich daraufhin auf der Burg Beyer-Naumburg im Raum Halberstadt. Erzbischofs Burchard probierte, gewaltsam gegen die Templer vorzugehen. Dieser Versuch mißlang, und zum anderen wurde er zur Strafe exkommuniziert, wofür der Bischof von Halberstadt, Albrecht von Anhalt I., sorgte. Der so gedemütigte Erzbischof von Magdeburg wurde außerdem gezwungen, mit den Templern einen Vertrag zu deren Gunsten zu schließen. Im Mai 1311, während eines Provinzkonzils in Mainz, erschienen gut 20 vollbewaffnete Tempelritter unter Führung ihres Komturs, um gegen die üble Behandlung ihrer Brüder in Frankreich zu protestieren (ein ähnlicher Auftritt fand auch in Bayern statt). Der Erzbischof zeigte sich trotz des überraschenden Auftretens der Templer nicht ungehalten, sondern versicherte, sich deswegen an den Papst wenden zu wollen. Im Laufe dieses Konzils kam es noch zu mehreren Auftritten zugunsten der Templer, auch solche selbst wurden noch weitere vorstellig. Das Konzil von Mainz stellte sich auf die Seite der Templer und gegen den Papst. Dieser annullierte den Spruch von Mainz zwar beim Konzil von Vienne, ohne dadurch etwas bewirken zu können. Von einer einzigen Ausnahme in Wien abgesehen, die erst in das Jahr 1341 datiert, hat es in Deutschland offenbar nie eine Templerverfolgung gegeben, nicht einmal Ansätze dazu. Da die rechtliche Existenz eines christlichen Ritterordens aber von der Kirche abhängig war, und diese den Templerorden aufgehoben hatte, war der Gemeinschaft auf die Dauer der Boden entzogen, auch wenn in Deutschland noch rund drei Jahrzehnte nach dem offiziellen Erlöschen des Ordens Templerfahnen wehten und deutsche Templerkomtureien weiterbestanden, sicherlich sogar verstärkt durch aus Frankreich gekommene Brüder. Schließlich aber ging der größte Teil der deutschen Templer sowie ihrer nach Deutschland entkommenen französischen Brüder in den Deutschen Ritterorden über, ein kleinerer schloß sich den Johannitern an, vermutlich je nach örtlich Lage. Einzelheiten darüber sind nicht dokumentiert, zumal die meisten Unterlagen dazu noch in der Schlußphase des Zweiten Weltkriegs verloren gingen. Wir können annehmen, daß ein nicht unbedeutender Teil der ehemaligen Templer keinen neuen Orden suchten, sondern sich einer der einflußreichen Assoziantengruppen anschlossen, wie etwa jener in Lübeck. In dem weithin unbekannten Agieren dieser Gruppen könnte recht gut ein Grund dafür liegen, daß die Templer in Deutschland zahlreiche Freunde hatten und nie ernstliche Schwierigkeiten bekamen. Unter den Assozianten befanden sich einflußreiche Persönlichkeiten, nicht zuletzt aus den großen Kaufmannshäusern. Nach außen hin fielen sie nicht auf, sofern sie nicht wollten, und daß sich namentlich an der Peripherie der Geheimwissenschaftlichen Sektion schon frühzeitig geheimbündsiche Strukturen herausgebildet hatten, im gesamten deutschen Raum wie auch in Norditalien, steht außer Frage.

Was aber wurde aus den legendären Reichtümern der Templer? Niemand weiß es! Das meiste davon blieb unauffindbar. Kenner der Geschichte vermuten inzwischen, die wichtigsten Schätze seien immaterielle Werte gewesen. So bestehen Hinweise darauf, daß die Templer Originalhandschriften des Apostels Johannes besessen haben, welche dieser an Marcion (Markion) übergeben hatte. Marcion schuf im II. Jahrhundert eine starke urchristliche Gemeinschaft, worüber auch noch näher zu sprechen sein wird. Er wurde ermordet, und seine Anhängerschaft grausam verfolgt. Überreste ihres Wissens dürften später die Grundlage des Glaubens der Katharer gebildet haben. An deren Bekämpfung, zu welcher Papst Innozenz III. (1198-1216) aufrief, beteiligten sich die Templer nicht. Sie stellten auch nicht ihre Niederlassungen als Quartiere für das kirchliche Heer zur Verfügung. Der „Kreuzzug" gegen die Katharer wütete rund ein halbes Jahrhundert lang. Im Stammland der Katharer, der südfranzösischen Provinz Lanquedoc, wurden dabei zwei Drittel der Bevölkerung ausgerottet. Die Templer beteiligten sich nicht an diesem „Kreuzzug". Wiederholte Aufforderungen, es zu tun, wiesen sie konsequent zurück. Das hatte gute Gründe. Durch die Katharer scheinen die Templer an Schriften gelangt zu sein, die auf Marcion basierten. Dies wirkte wohl besonders deshalb so tiefgreifend, weil es den fragmentarischen Inhalt von Notizen aus dem I. Jahrhundert bestätigte, welche einige Templer in Jerusalem gefunden hatten. Aus anderen Quellen sollten diese Kenntnisse bald noch verstärkt werden. Von alledem ist auffälliger Weise in den meisten populären Publikationen über die Templer nichts oder nur wenig zu lesen, denn es würde nicht in ein heutzutage erwünschtes Bild passen. Sicher ist, daß der Templerorden schon bald nach seiner Gründung in geistlicher Hinsicht nicht mehr homogen war, was den Zusammenhalt aber offenbar nicht störte. Viele führende Templer lehnten das sogenannte Alte Testament ab. Sie waren davon überzeugt, daß das Evangelium Christi schon in früher Zeit verfälscht worden sei. Darauf weist auch Paulus in seinem Brief an Titus hin, wo es heißt: „Es gibt ja viele Widerspenstige, Schwätzer und Verführer, besonders aus den Juden, denen man das Maul stopfen muß". Diese Stelle, Tit.2.10-11, ist im Neuen Testament erhalten geblieben. Ohne Kenntnis über gewisse Hintergründe sagt sie anscheinend nichts Gravierendes aus. Wer aber über Hintergrundkenntnisse verfügte, wie die Templer, der wußte die Paulus-Worte richtig zu verstehen: Das Evangelium Christi war massiv verfälscht worden. Christus war nicht Sohn des Jahwe, sondern ganz im Gegenteil gegen dieses Jahwe aufgetreten, welcher kein anderer sei als der Teufel (siehe im NT noch Spuren bei Jo. 8.44). Dies wird auch in der Templersymbolik deutlich: die Darstellung eines gefallenen Engels mit Teufelskopf meint die Kirche, welche den Satan (Jahwe) zum Gottvater erklärte; und das umgekehrte Pentagramma bedeutet die Abkehr vom Pentateuch (den fünf Büchern Mose). So gesehen hat es tatsächlich Häresie bei den Templern gegeben, jedoch nicht in der Form, wie sie ihnen später in erster Linie vorgeworfen wurde. Die Kirche vermied es, die tatsächliche Häresie, wie sie sie bei den Templern entdeckten, weithin bekanntzumachen – wohl um nicht „schlafende Hunde" zu wecken. Unvergessen waren die für die Kirche bedrohliche Glaubensmodelle, wie etwa das der Katharer oder Waldenser. Davon mochte noch manches im Untergrund schlummern. Die Kirche war auf der Hut. Die Geschichte der Frühzeit des Christentums war im Vatikanischen Geheimarchiv gut dokumentiert. Man wußte dort genau, wie nahe Gnostiker und Marcioniter daran gewesen waren, die Oberhand zu gewinnen, und daß schon damals allein Gewaltmaßnahmen dies zu verhindern vermocht hatten. Die Kirche hat sich ihrer Sache im Mittelalter keineswegs so sicher gefühlt, wie es heute, rückblickend, den Anschein hat.

In der neuzeitlichen Pseudo-Esoterik wird wohl nicht ohne Absicht viel Verwirrung um die Zustände im Mittelalter, die verschiedenen Glaubenswelten und besonders um die Auffassungen der Templer gestiftet. So bastelte schon im 19. Jahrhundert der Salonmagier „Eliphas Lévi" (eigentlich Alphonse Louis Constant) aus der verschlüsselten Templerdarstellung der Ekklesia ein Bocksköpfiges Monstrum und behauptete, dies sei „der Baphomet" der Templer. In Wahrheit war Baphomet etwas ganz anderes und sah auch ganz anders aus, wie Kennern der Geschichte sehr wohl bekannt ist. Bis auf den heutigen Tag scheint es jedoch die Bemühung zu geben, die in den Völkern populären Templer entgegen der Wahrheit darzustellen. So manches angebliche Templergeheimnis ist also erst nachträglich zu einem solchen gemacht worden. Das betrifft wenigstens zu einem Teil auch die Schätze der Templer. Zu diesen haben sicher auch bedeutende materielle Werte gehört, außer Grundbesitz, Geld sowie Gold und Edelsteine. So sollen sie beispielsweise einen besonders kostbaren Stein besessen haben, der in einem goldenen Kelch aufgewahrt wurde. Beides hat mit den Gralsmythen zu tun. Dazu wurde in vorhergegangenen Folgen dieser CN-Artikelserie bereits gesprochen. Die Hauptursache des seinerzeitigten Vorgehens gegen die Templer ist aber wohl doch eine andere gewesen, wozu wir noch kommen werden.

       
               
               
     

       
               
               
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