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Die Wege des Ritters Hubertus

       
     
       
     

Die Wege des Ritters Hubertus

       
     
       
      Die Wege des Ritters Hubertus

Niemand hat sich aus wissenschaftlicher Sicht wohl so eingehend mit der Person des Hubertus beschäftigt wie Dr. Reiterich. Nach Abschluß seiner Arbeit über das Leben Hubertus’ fügt er diesem eine Vorbemerkung hinzu, in der es heißt: „Sehr habe ich mich bemüht, in allem, was ich über den Hubertus vom Ettenberg erforscht und niedergeschrieben habe, den Ansprüchen strikter Wissenschaftlichkeit gerecht zu werden, und doch stellte ich fest, je weiter in seine Lebensgeschichte ich vordrang, am Ende nur die Wahl zu haben zwischen dem der Wissenschaftlichkeit nach Logischen, welches unmöglich ist, und dem wissenschaftlich Unmöglichen, welches aber das Richtige sein muß, wenn nicht ein Irrtum am Anfang widerfuhr, was zu glauben ich keine Veranlassung habe".

Der Ritter Hubertus, von dem wir nicht sicher wissen, ob sein Nachname tatsächlich Koch gewesen ist noch ob er wirklich der „Schwarze Komtur" genannt wurde, ist dennoch eine historische Person. Es gab jenen Mann, der, aus den Kreuzzügen heimgekehrt, Anfang des 13. Jahrhunderts als Assoziant des Templerordens eine kleine Komturei am Ettenberg anlegte und von dort aus auf inzwischen legendenumwobene Weise wirkte. Fest steht, daß sein Vor- und Rufname Hubertus war und daß er in der Gegend von Linz in Oberösterreich als Bauernsohn zur Welt kam – und natürlich, daß er zumindest im wesentlichen das unternahm, was von ihm berichtet wird.

Der Ritter Hubertus ist also eine Persönlichkeit gewesen, die – wenn auch von der allgemeinen Geschichtsschreibung meistens nur marginal wahrgenommen – maßgeblich an einem der geheimnisvollsten Kapitel des Mittelalters mit schrieb.

Wieviel von dem, was über ihn und sein Wirken berichtet wird, in den Bereich des Sagenhaften gehört, und was als gesichert angenommen werden darf, ist schwer zu bestimmen. Die bruchstückhaft, zum Teil aber umfangreich überlieferten Texte, die auf ihn zurückgehen sollen und dies höchstwahrscheinlich auch tun, können mit einigem Recht als aus dem Erleben entstanden gelten. So etwa die „Baphometischen Gesänge", seine Ballade und der Text „Magna Figura". Diese Texte haben wir bei CN in neuzeitlichem Deutsch wiederhergestellt und auch die Vertonung im vermutlich richtigen Stil nachempfunden (hinsichtlich der Hymnen an Isais ist die Urheberschaft weniger sicher).

Isaiskreuz

Bezüglich der Texte des Hubertus gibt auch eine Auffassung, der zufolge es sich dabei weitgehend um Dichtungen handle. Die Wahrheit liegt vielleicht in der Mitte; es kann sich um eine Kombination aus Erlebnisbericht und Dichtung handeln. So etwas würde für das Mittelalter nicht untypisch sein. Gerade in dieser Zeit hat Geschichtsschreibung auch oft wenig mit exakter Aufzeichnung des Stattgefundenen zu tun gehabt. Wahrheit und Dichtung wurden gern miteinander vermengt, sogar Geschichtsfälschungen kamen durchaus vor. Bei Balladen und Gesängen nahm man sich also wohl mitunter viel Freiraum, was aber nicht heißt, es habe sich bei deren Inhalten um bloße Erfindung gehandelt.

Nicht alltäglich für die damalige Zeit ist sicher, daß ein Ritter schreiben konnte – und sogar in der Lage war, mit den damaligen Mitteln Melodien zu skizzieren. Der Ritter Hubertus konnte all dies. Nun ist die häufig zu hörende Behauptung, damals hätten nur Geistliche das Lesen und Schreiben beherrscht, allerdings nicht ganz richtig, auch wenn die meisten Schriften des Mittelalters tatsächlich von Mönchen angefertigt wurden, und Ritter, die dies konnten und taten, die Ausnahmen waren. Solche Ausnahmen hat es aber doch zahlreicher gegeben, als gemeinhin angenommen wird. Allerdings sind es weniger die Herren als die Damen gewesen, die in dieser Zeit solche Fähigkeiten besaßen. So ist bezüglich der Texte des Hubertus nicht auszuschließen, daß nicht er selbst diese aufgezeichnet hat, sondern eine Frau dies für ihn übernahm. Einige Frauen hat es in seiner Umgebung ja sicher gegeben, und unter diesen könnten sich gebildete befunden haben.

Baphometische Gesänge

Was ferner über den Ritter Hubertus bekannt ist, hält sich in engen Grenzen. Man weiß mit einiger Wahrscheinlichkeit, daß er von stattlicher Statur gewesen ist und brünett oder dunkelblond war. Auf jeden Fall soll er ein Mann von starkem Durchsetzungsvermögen gewesen sein, körperlich ausdauernd und ein guter Reiter. Über seine Tüchtigkeit als Krieger wird nichts überliefert, diese galt für einen Kreuzfahrer wohl als Selbstverständlichkeit. Hinweise gibt es jedoch auf „Gewandtheit bei der Rede", die er besessen habe. Anderenfalls hätte er auch schwerlich den Großkomtur Hugo für seine Sache zu gewinnen vermocht.

Hubertus war also wohl ein gebildeter Mann. Das Mittelalter ist ja auch keineswegs so finster und unkultiviert oder unhygienisch gewesen, wie es oft dargestellt wird. Hinter jedem angefertigten Geschichtsbild steht ja immer eine ideologische Absicht. Die Darstellungsweise eines angeblich so „finsteren" Mittelalters hat nicht zuletzt in der Zeit der „Aufklärung" ihren Ursprung. Der stark gläubige Mensch des Mittelalters sollte als möglichst unvollkommen und als das Gegenteil eines Vorbilds gezeichnet werden. Gelobt wurde dagegen die Renaissance, obschon diese in vielerlei Hinsicht viel eher als das Mittelalter, eine finstere Zeit war, in welcher grausame Inquisition, Hexenverbrennungen und dergleichen erstmals in großem Umfang Gestalt annahmen, und in den folgenden Jahrhunderten wurden diese Übel noch schlimmer. Zur Zeit des Ritters Hubertus sind solche Ereignisse noch selten gewesen. So sind auch die in Frankreich stattgehabten Verbrennungen einiger Templer auf dem Scheiterhaufen, welche das Bild jener Epoche noch immer mit prägen, ganz außergewöhnliche Ereignisse gewesen und keineswegs typisch für die Verhältnisse in ganz Europa.

Scheiterhaufen

Trotzdem spricht eine der beiden Varianten über das irdischen Ende des Ritters Hubertus davon, auch er sei – Jahre nach Jacques de Molay – als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden. Ob diese Variante die zutreffende ist, darf allerdings in Zweifel gezogen werden, es kann da leicht eine Verwechslung vorliegen.

Bevor wir aber an diesen Punkt gelangen, soll über den Lebensweg des Hubertus so weit gesprochen werden, wie das möglich ist. Dabei ist eingangs anzumerken, daß alles Nachstehende weitgehend auf den Forschungen von Dr. Reiterich basiert, welcher – ein Zufall – mit Vornamen Hubert hieß. Es ist ratsam, sich ganz kurz mit dessen Persönlichkeit zu beschäftigen, denn das wird seine Auffassungen und somit auch die Ausrichtung seiner Forschungen verständlich machen. Dieser Mann, dessen Familie aus dem österreichischen Burgenland stammte, hatte sich am Anfang seiner forscherischen Tätigkeit von allem mit der Templerburg Lockenhaus beschäftigt, welche im Burgenland steht. Er war ein studierter Mann und Privatgelehrter, jedoch weder Historiker noch Archäologe. Dahingehend entwickelte er jedoch zunehmend Ehrgeiz, seit er begonnen hatte, den Geheimnissen der Burg Lockenhaus nachzuspüren, was er mit großer Konsequenz tat. Dabei stieß er auf Dinge, die den Annahmen der Fachwissenschaft zwar nicht widersprachen, die von dieser jedoch nie aufgegriffen und weiterverfolgt wurden. Reiterich stellte sich damit gewissermaßen ins Abseits der gängigen Wissenschaft. Das störte ihn anfänglich nicht, doch bei anhaltendem Ausbleiben von Akzeptanz änderte sich das. Dabei hatten seine Forschungen zu respektablen, ja sogar außergewöhnlichen, Ergebnissen geführt. Da diese aber bewiesen, daß er, der Philologe, mehr errichte als die Fachwissenschaftler, welche sich durch ihn bloßgestellt fühlten, erfuhr er keine Unterstützung, obschon bei genauem Hinsehen alles dafür sprach, daß Reiterichs Erkenntnisse zutreffend waren. So stellte er fest, daß der Name der Burg Lockenhaus nicht auf Leucea zurückgehen konnte, sondern daß Lockenhaus tatsächlich „Haus der Locken" bedeutet. Er fand heraus, daß dort merkwürdige Zeremonien stattgefunden haben, bei denen junge „Zauberinnen" magische Handlungen mit ihren langen Locken durchführten, „diese verschiedenförmig gebunden, sonderbar mit Zaubersteinen in Berührung gebracht haben und nachher sich zu Zöpfen geflochten, welche sie sodann abschnitten, um diese als Mittel von Zauberkraft zu verwenden". Diese sonderbaren Rituale sollten geheimnisvolle Kräfte zur Entfaltung bringen. All dies ging auf die Mythe um eine heidnische Göttin aus dem Alpenraum zurück. Reiterich fand Hinweise darauf, daß solche ungewöhnlichen Rituale wahrscheinlich ab 1227 zu jedem dritten Vollmond auf der Burg stattgefunden haben, wozu Tempelritter aus Wien mit jeweils zwei jungen Frauen dorthin kamen. Erst um diese Zeit erhielt die Burg auch ihren Namen „Lockenhaus".

Lockenhaus  -  Burgenland

Reiterich entdeckte auch Zeichen und Siegel, welche zu alldem paßten. In einem Kultraum der Burg fand er sogar noch konkrete Spuren, welche auf die geheimnisvollen „Zauberrituale" hinwiesen. Er fand auch eine recht gut erhaltene, mit ungewöhnlichen Verzierungen versehenen Schere, welche unzweifelhaft aus dem späten 12. oder frühen 13. Jahrhundert stammte. Dieser Ritualgegenstand, als welchen er seinen Fund bezeichnete, hatte sich zusammen mit einem Opal unter einem auffälligen Stein in jenem Raum der Burg befunden, der allgemein als ein rätselhafter Kultraum bezeichnet wird. Unüberlegter Weise nahm er die beiden Gegenstände an sich, weshalb es ihm nachher schwierig wurde, den Kultraum der Burg als Fundort nachzuweisen, was seinen Ruf als Wissenschaftler, auf den er Welt legte, bei anderen abermals fragwürdig erscheinen ließ. Die Entdeckungen auf Burg Lockenhaus haben Reiterich anfangs sehr fasziniert. Erst später trat das Interesse an „mittelalterlicher Zaubergläubigkeit" bei ihm in den Hintergrund, da die Beschäftigung mit dergleichen seiner Ambition, als ernsthafter Wissenschaftler anerkannt zu werden, offenkundig nicht förderlich war.

Die Spur der Mythe jener Göttin fand Reiterich in Wien bei den Hinterlassenschaften der geheimwissenschaftlichen Sektion der dortigen Templer wieder. Von dort aus führte sie weiter zum Untersberg, wo sich auch weitere Hinweise auf jene merkwürdigen magischen Rituale fanden, die ihm schon bei seinen Studien um die Burg Lockenhaus aufgefallen waren. Allerdings interessierten ihn Magie und heidnische Mythen wenig, er suchte nach leichter faßbaren Dingen.

Isais  -  mehrfach

So ist es also anfänglich die Bemühung gewesen, ein Rätsel um die Burg Lockenhaus zu lüften, was Dr. Reiterich zur Isais-Mythe und somit auch zu den Dingen um Hubertus und dessen Ritterschar brachte (siehe dazu auch den CN-Artikel „Was steht hinter DHvSS" vom vorigen Monat). Bei alledem fand er, der studierte Philologe, wenig Unterstützung bei Geschichtswissenschaftlern, welche ihn nicht als Fachkollegen anzuerkennen bereit waren. Diese alle steckten nach Dr. Reiterichs Überzeugung „bis zum Hals in Unwissenheit", da sie lediglich das jeweils Naheliegende ansahen und sich überaus borniert zeigen, völlig unfähig, anzuerkennen, was nicht schon irgendwo von anderen in Büchern geschrieben stand. Solche Art Forschung, die bloß aus Absicherung eingefahrener Annahmen bestand, war nach Reiterichs Meinung wertlos; und damit hatte er wohl Recht. Er zog nach Salzburg, um sich intensiv den Studien dessen hinzugeben, was er dort, an Ettenberg und Untersberg, entdeckt hatte. Dank eines kleinen Vermögens sowie einiger Einnahmen aus Lektoratsarbeiten, konnte er sich das leisten; und später unterstützten Freunde aus München seine Tätigkeit. Dieser Münchner Kreis, zu dem auch einflußreiche Damen gehörten, hat Dr. Reiterichs weitere Arbeit dann wohl insofern stark beeinflußt, wie er Entdeckungen bezüglich der Isais-Mythe oft unerwähnt ließ, sofern diese den Vorstellungen des Münchner Kreises nicht entgegenkamen. Ihn selbst, der sich für Mystisches zwar in Zusammenhängen mit anderem interessiere, aber nicht an Überirdisches glaubte, bereitete es sicher keine Schwierigkeiten, einiges zu übergehen, was er für unwichtig hielt. Sein persönliches Interesse galt nun ohnehin vor allem der Person des Ritters Hubertus, auf deren Geschichte er am Untersberg gestoßen war. Über diesen Aspekt der Arbeit Dr. Reiterichs haben wir schon gesprochen. Für diejenigen jedoch, die nicht alle CN-Artikel kennen, sollte es nochmals kurz erwähnt werden.

Zopf - Isais-2

Reiterich lieferte seinem Münchner Freundeskreis also vor allem solche Resultate seiner Forschungen, die dort viel Interesse und möglichst auch Zustimmung finden konnten. Anderes unterschlug er zwar nicht generell, ließ aber doch da und dort etwas weg, was ihm ja sowieso nicht wirklich wichtig erschien.

Besonders ab den späten 1920er Jahren konzentrierte sich Dr. Reiterich fast ganz auf die Person des Hubertus. Da er vor Ort alles gefunden hatte, was seiner Meinung nach dort zu finden war, zog er von Salzburg nach München. Bis Anfang der 1930er Jahre entstand da seine Rekonstruktion vom Lebenslauf des Ritters Hubertus, einschließlich Varianten, wo er Verschiedenes für möglich hielt. So entstand eine umfangreich Arbeit mit zahlreichen zugeordneten Abbildungen, Dokumenten und auch dreidimensionalen Gegenständen, welche erhalten ist, und hier jedoch nur auszugsweise zur Verfügung steht.

Aufgrund seiner manchmal an Punkten, die er für historisch unerheblich hielt, vorgenommenen „kleinen Veränderungen, Freunden und Freundinnen zuliebe" (siehe auch im Artikel „Das Bildnis der Isais" vom Juni 2006), sind Dr. Reiterichs Arbeiten insgesamt da und dort in Verruf geraten, was ihm aber nicht gerecht werden dürfte. Er hat das „Mystische und Magische" nun einmal nicht für bedeutungsvoll gehalten. In all jenen Angelegenheiten, die er für wichtig hielt, scheint er durchaus gewissenhaft und genau gearbeitet zu haben. Dafür sprechen auch die Einschränkungen, die er selbst bezüglich seiner Forschungsergebnissen immer wie der macht, wo er dies für nötig hält.

Siegel  -  M-Figura

Zugunsten von Reiterich bleibe nicht unerwähnt, daß er sich sehr wohl auch mit den magischen Unternehmungen und Ambitionen des Ritters Hubertus und seiner Schar beschäftigt hat. Er hat die Idee zur Magna Figura Baphomet ebenso wahrgenommen wie den Bau erster kleiner Figuri, und von Dr. Reiterich stammt sogar eine aufgrund von Schriften angefertigte Rekonstruktion des ersten „Isaisschreins". Da er all solches aber in den Bereich des Glaubens an das Wundersame des Mittelalter meinte schieben zu dürfen, ist er dem nicht näher nachgegangen. Dort aber, wo es um „Handfestes" ging, ist sein Werk wohl durchaus anzuerkennen. Schade ist – und das entwertet seine Arbeit in der Tat ein wenig – daß er aufgrund dieser Einstellung quasi nur die Physis des Hubertus erfaßte, nicht aber dessen Psyche. Reiterich zeigt auf, was Hubertus tat – aber nicht, warum es geschah. Das innere Wesen dieses Menschen blieb Dr. Reiterich verschlossen, weil er nicht willens war nachzuempfinden, wie ein Hubertus in seiner Zeit dachte und fühlte. Der Mensch Hubertus bleibt bei Reiterich daher eine anscheinend unmotiviert handelnde Person, die sich lediglich nach äußerlich-sachlichen Erfordernissen richtet. Dieses Bild des Komturs Hubertus ist sicher nicht richtig, es ist vor allem unvollständig. Hinsichtlich der Fakten, wo er sich wann aufgehalten hat, ist es aber dennoch nicht falsch. Im Gegenteil muß Reiterich zugestanden werden, daß er wahrscheinlich mehr über die Person des Hubertus wußte als irgendein anderer.

Dr. Reiterich beginnt seine Darstellung des Lebens von Hubertus mit der Feststellung seines Elternhauses und seiner Familie im heutigen Linz, beziehungsweise auf einem zu keiner größeren Ortschaft gehörenden Bauernhof, der heutzutage im Stadtbereich von Linz liegen würde, wäre die Gegend nicht inzwischen gänzlich überbaut. Die oberösterreichische Landeshauptstadt ist heute selbstverständlich um sehr vieles größer geworden. Als Hubertus dort zur Welt kam, hieß der Ort noch Linze (ursprünglich Lentia). Direkte Verwandte des Hubertus ließen sich nicht ausmachen. Da der Familienname Koch jedoch kein seltener ist, kommen mehrere heute in Linz lebende Familien als Verwandte des Hubertus durchaus in Frage.

Linz um 1600

Die Feststellung, daß Hubertus mit dem Nachnamen Koch auf dem Gebiet von Linz geboren wurde, ist sehr logisch. Sie fußt auf einem Dokument aus der Kreuzzugzeit. Auch der Weg des Hubertus nach seiner Rückkehr aus dem Orient, wie Dr. Reiterich diesen rekonstruiert hat, vermag es zu stützen.

Die Person des Hubertus wird in dieser Zeit erstmals faßbar. Als sehr junger Mann („beinahe noch ein Jüngling") nahm er an der Schlacht von Hattin teil, bei welcher die Kreuzritter eine schwere Niederlage erlitten. Ob Hubertus dabei in Gefangenschaft geriet, ist nicht sicher, aber denkbar. Auf alle Fälle erlernte er die arabische Sprache, später auch das Persische. Er bereiste sodann friedlich die Länder des Orients. Bei den Ruinen von Ninive soll ihm erstmals Isais erschienen sein und ihm die Weisungen für sein zukünftiges Tun erteilt haben. Diesen wiederum mythischen Aspekt erwähnt Reiterich nur am Rande, ohne weiter auf ihn einzugehen.

Hubertus’ weiteren Weg erklärt Reiterich entweder mit weltlich-logischen Ursachen oder gar nicht. Meist beläßt er es bei der bloßen Feststellung, Hubertus sei von da dorthin gegangen usw, ohne nach Gründen zu suchen, bzw. ohne solche zu nennen.

Sein Weg nach der Rückkehr aus dem Orient wird streckenweise recht genau beschrieben, wo sich dementsprechende Spuren finden ließen. Andere Wege oder Aufenthalte, auf die es nur wenige Hinweise gibt, werden demgemäß behandelt. Reiterichs Arbeit ist anzumerken, daß er lieber Lücken eingesteht als solche ohne ausreichend deutliche Spuren mittels der Phantasie zu füllen.

Hubertus’ Rückreise aus dem Orient nach Europa erfolgte offenbar von Anfang an in Begleitung einiger erster Getreuer.

Die provisorische Karte, die wir nachstehend zeigen, erhebt keinerlei Anspruch auf Genauigkeit, was selbstverständlich auch für die Schiffahrtswege gilt, sie möchte lediglich zur ungefähren Angabe dienen. Auf viele Abzweigungen, die besonders in Schweden, Irland, Schottland und England zusätzlich eingezeichnet sein müßten, um einigermaßen genau zu sein, haben wir verzichtet, weil es für die hier zu gebenden Darstellungen sicher nicht nötig ist. Die von Dr. Reiterich gezeichneten Karten, derer es vier Stück gibt, einzuscannen, ist nicht möglich. Weder die dünn eingezeichneten Linien noch die kleine Beschriftung wäre auf dem Bildschirm noch zu erkennen, und bearbeiten dürfen wir die Originalkarten nicht. Diese neu zu zeichnen – ganz klar gesagt – würde zu zeitraubend sein.

Hubertus-Reisen HR

Per Schiff kam er mit seinen Getreuen in Genua an. Ohne sich dort aufzuhalten, reiste er weiter in die Schweiz, zum Pilatusberg bei Luzern. Einen Grund dafür nennt Reiterich nicht. Es muß aber einen solchen gegeben haben. Womöglich hatte Hubertus die Legende um Pilatus gehört, wonach dieser in Germanien als Apostel Christi unterwegs war und bei Luzern von heidnischen Priestern umgebracht wurde. Das Grab des Pilatus, in dem sich auch eine vollständige Abschrift des wahren Evangeliums in einem Behälter aus Silber befinden soll, haben manche gesucht. Hubertus, der ja sicherlich nicht ohne christlichen Glauben Kreuzfahrer geworden war, wollte das wahrscheinlich auch. Ein Originaltext des echten Evangeliums, welches sicher ganz anders lautete als die Texte in der Bibel, muß für einen Mann wie Hubertus von hohem Interesse und Wert gewesen sein. Er war inzwischen ja auch kein ganz junger Mann mehr, vielleicht neigte er bereits zu tiefsinnigem Denken. Das wäre wohl gut vorstellbar.

Anders als die vage Legende, der zufolge Hubertus mit seinen Anhängern gleich nach seiner Ankunft in Europa zum Untersberg zog, um die Anweisung der Isais zu erfüllen, unternahm er laut Reiterich zunächst andere Wege. Allerdings schließt Reiterich nicht aus, daß er seine Getreuen zum Untersberg vorgeschickt haben dürfte, denn in deren Begleitung befand er sich schon seit Genua offenbar nicht mehr. Später, am Untersberg, tauchen diese Männer jedoch wieder auf (sechs an der Zahl, alle namentlich genannt). Vermutlich waren sie in der Tat voran gereist und hatten dort schon Vorbereitungen getroffen.

Hubertus indes reiste von der Schweiz aus nach Wien weiter. Warum tat er das? Es gibt dafür keine plausible Erklärung außer der, daß Hubertus von den Wiener Templern Geld ausgehändigt erhielt. Hubertus hat zu dieser Zeit mit höchster Wahrscheinlichkeit noch keine nähere Verbindung zum Templerorden gehabt. Dieser fungierte jedoch als Bank. Noch relativ lange hat es beispielsweise in Kairo eine zivile Niederlassung des Templerordens gegeben. Möglicherweise hat Hubertus während seiner Reisen durch den Orient Werte erworben, welche er durch die Templer nach Wien transferieren ließ? Das klingt nicht unlogisch, Reiterich stellt auch die Mutmaßung an, Hubertus könnte von Wien aus weiter zur Burg Lockenhaus gereist sein. Das erscheint wenig wahrscheinlich, denn eine Nahverbindung zu den Templern besaß Hubertus aller Wahrscheinlichkeit nach zu der Zeit ja noch nicht.

Alt-Wien

Von Wien - eventuell auch Lockenhaus - aus, so meint Reiterich, sei Hubertus dann nach Linz weiter geritten. Ob dies mehr als eine Vermutung ist, da es natürlich wäre, die Familie aufzusuchen, steht in der Niederschrift Reiterichs nicht (diese besitzen wir ja aber auch nicht vollständig, was an dieser Stelle nochmals erwähnt sei).

Erst jetzt begibt Hubertus sich demzufolge zum Untersberg, bzw. zum Ettenberg, wo seine Getreuen ihn bereits erwarten. Das widerspricht älteren, legendenhaften Schilderungen, denen nach Hubertus gemeinsam mit seiner Schar am Ettenberg eintraf und sie dort zusammen begannen, sich ein erstes Quartier zu schaffen. An diesem Punkt ist aber zu bedenken, daß Erzählungen des Mittelalters selten sachgemäß exakt waren. Romantische Ausschmückungen sind üblich gewesen, ohne daß die Menschen dies als „Fälschung" der Geschichte aufgefaßt hätten. Reiterichs Darstellung kann also durchaus die richtige sein. Sie wäre auch schlüssig.

Angenommen, Hubertus wollte nach der Ankunft in Europa zunächst 1. versuchen, die Evangelienschrift im Grab des Pilatus zu finden, und 2. um, aus dem Orient nach Wien überwiesenes Geld vom Templerkontor in Wien abzuholen, so hätte er den für beides günstigsten Weg eingeschlagen. Seine Getreuen konnten unterdessen bereits zum Untersberg reiten und dort erste Vorkehrungen für ein zu bauendes Quartier treffen. Im Grunde spricht nichts dagegen, daß es sich so verhalten hat.

Ritter amUntersberg

Mehrere Jahre lang hat Hubertus sich dann am Untersberg, bzw. Ettenberg, aufgehalten. Laut Reiterich gab es lediglich zwei kurze Unterbrechungen in dieser Zeit: eine Reise zum Templer-Großkomtur Hugo nach Wien (Herbst 1226), und eine zweite zur Burg Weitenegg an der Wachau, wo Hubertus abermals mit Hugo zusammentraf (Frühling 1227). Dabei räumt Reiterich jedoch ein, daß mindestens noch eine dritte Reise nach Wien in diesem Zeitraum stattgefunden haben kann.

Im übrigen hat Hubertus sich offenbar für mehrere Jahre nur in der nächsten Umgebung des Untersbergs aufgehalten, wo inzwischen die Komturei entstanden war sowie einige weitere kleinere Bauwerke (siehe dazu den CN-Artikel „DHvSS am Ettenberg" vom Juni 2007). Während dieser Zeit müssen die wesentlichsten Geschehnisse um die Isais-Mythe stattgefunden haben: Die Isais-Offenbarung wird auf 1226 datiert. Sie dürfte aber seit Herbst 1225 in mehreren Teilen erfolgt sein, so daß die Mitteilung dieses Texts erst 1226 (wahrscheinlich im Frühling dieses Jahres) vollständig und also abgeschlossen war. Zwischendurch dürfte es immer wieder weitere andere Mitteilungen gegeben haben, auch wenn die wenigsten dieser anderen, kleineren Isais-Texte erhalten sind. Es scheint also einen Zeitraum von mehreren Jahren gegeben zu haben, der stark durch spirituelle Ereignisse bestimmt war. In diese Zeit muß auch die Übergabe der „Gaben der Isais" fallen.

Hubertus-Motive

Erst deutlich später, nämlich ab 1231 oder 1232, setzt laut Reiterich bei Hubertus eine rege Reisetätigkeit ein.

Die erste große Reise des Hubertus führte vom Ettenberg zunächst nach Augsburg, von dort nach Lothringen, von da nach Köln, und von dort zu jenem Tempelhof, aus welchem später Berlin werden sollte. Diese Reiserute meint Dr. Reiterich mit hoher Sicherheit festgestellt zu haben.

Was Hubertus an den genannten Orten tat, ist unbekannt. In Augsburg könnte es um Geschäfte gegangen sein. Wollte Hubertus die Welt bewegen, so brauchte er Geld, denn Geld bewegte schon immer die Welt. Vielleicht besaß er Möglichkeiten, etwas zu vermarkten? Vielleicht sogar durch „Zauber" im Untersberg sowie „tief in der Ache" gefundene Edelsteine, wie eine der unsicheren Legenden behaupte?

Mit solchen Spekulationen befaßt Reiterich sich nicht. Er nimmt vielmehr folgendes an: Berichtet ist, daß vier weitere Getreue noch zu der Schar am Untersberg stießen, die noch länger im Orient gewesen waren. Diese könnten von dort Juwelen oder dergleichen mitgebracht haben, welche Hubertus in Augsburg sozusagen zu Geld machte. Denkbar erscheint ihm auch, daß eine der Frauen, die es mittlerweile in der Ettenberg-Komturei gab – ob ständig oder nur des öftenen zu Besuch – vermögend war und von dieser Seite Unterstützung kam.

Die Ritter vom Ettenberg sind inzwischen zwar mit dem Templerorden assoziiert gewesen, aber auch bloß dies, was heißt, das sie nicht dem Zölibat unterlagen.

Warum auch immer: Hubertus ist in Augsburg gewesen. Der anschließende Weg nach Lothringen kann sich leicht dadurch erklären, daß es dort zwei Templer-Komtureien gab. Vielleicht erledigte Hubertus dort etwas im Auftrag von Groß-Komtur Hugo? Oder auch in eigener Sache? Wir wissen es nicht.

Näher könnte schon die Erklärung für seine Reise nach Tempelhof/Berlin liegen. Dieser Ort würde nach Templerglauben (Templeroffenbarungen) einmal von höchster Wichtigkeit sein. Und da um diese Zeit schon das Vorhaben der „Großen Figura Baphomet" akut wurde – die Magna Figura – könnte dies ein Grund für die Reise nach Tempelhof-Berlin gewesen sein.

Berlin-Tempelhof

Eine einfache und womöglich sehr schlüssige Erklärung für sämtliche Reiseziele des Hubertus könnte sein, was von einer anderen Person (wie es aussieht eine Frauenhandschrift) angemerkt steht, daß er nämlich überall „kleine Figuri" placieren wollte, von denen Schwingungs- und Strahlungskraft er sich ja viel versprach.

Auf dem Rückweg dieser Reise machte Hubertus wieder in Augsburg Station. Das kann durchaus dafür sprechen, daß dort weitere Geschäfte zu erledigen waren. Ein Wissen darüber gibt es aber, wie gesagt, nicht.

Es folgt dann eine Reisepause am Ettenberg. Zwischendurch reitet Hubertus auf einen Besuch bei Hugo nach Wien, wo er diesmal mehrere Wochen bleibt. Reiterich meint, Hubertus könnte in dieser Zeit nun wirklich auch auf der Burg Lockenhaus gewesen sein, wenigstens für einen Tag oder eine Nacht, zu einem magischen Ritual. Daß es wirklich so war, möchte er aber doch nicht behaupten. Er persönlich, so schreibt er, glaube zwar „gefühlsmäßig" daran, greifbare Hinweise darauf gäbe es aber nun einmal keine. Reiterich räumt ein, daß bei seinem Gefühl der Wunsch mitspielen könnte, sein erstes Forschungsobjekt mit einzubinden.

Doch auch bei seiner nächsten großen Reise nahm sich Hubertus zunächst Augsburg als Ziel. Es wäre unlogisch, darin keine Bedeutung zu sehen, doch ist einfach nicht sicher zu sagen, welche das war.

Keine eindeutige Erklärung gibt es auch dafür, daß Hubertus erneut nach Berlin/Tempelhof reist, was zur damaligen Zeit noch ein unbedeutender Ort ist.

Hubertus hat dort offenbar etwas zu erledigen – ob im Namen des Großkomturs Hugo oder in eigenem. Er hält sich dort aber nicht allzu lange auf, sondern reist weiter nach Nord-Osten, bis auf die Insel Wollin, auf welcher es ein Handelshaus gibt, das mit dem Templerorden quasi in Geschäftsverbindung steht. Dieses scheint aber nicht Hubertus’ Ziel gewesen zu sein, denn er schifft sich von Wollin aus nach Skandinavien ein. Er reist nun nach Schweden und Norwegen. Er hält sich dort an mehreren Orten je eine Weile auf (diese sind alle genannt), ehe er weiterreist nach Schottland und Irland. Auch dort bleibt er an mehreren (bekannten) Orten für eine Weile. Von Irland fährt er nach Schottland zurück, um von dort aus eine Reise durch England anzutreten, welche sehr ausgiebig gewesen sein dürfte. Es scheint, daß er besonders dort Bekannte gehabt hat, wahrscheinlich aus Kreuzzugszeiten. Auch in England bleibt er an mehreren Orten für eine Weile (im einzelnen gehen wir auf die Orte nicht ein, weil das zu weiteren Verzweigungen dessen führen würde, was erzählt werden müßte, und dazu ist ein Internetz-Artikel einfach nicht geeignet). Diese Reise muß für ihn und seine Ideen wichtig gewesen sein, eine Vergnügungstour war es sicher nicht, davon dürfen wir ausgehen.

Kogge

Vom englischen Hastings aus setzt er schließlich nach Abeeville in Frankreich über und kehrt mit den schon bekannten Zwischenstationen in Lothringen und Augsburg zum Ettenberg heim. Wann genau das war läßt sich nicht sagen, doch da es 1252 Schilderungen von Hubertus am Untersberg gibt, ist er jedenfalls zu diesem Zeitpunkt wieder dort gewesen. Ob die geschilderte Reise aber wirklich rund 20 Jahre gedauert hat, ist damit nicht gesagt. Hubertus kann früher zurück gewesen sein, ohne daß ein Hinweis darauf erhalten wäre.

Warum, so ist nun zu der eben geschilderten Tour noch zu fragen, hat Hubertus Frankreich nicht weiter bereist? Weshalb besuchte er Paris nicht, wo sich doch der Hauptsitz des Templerordens befand, dem er immerhin sehr nahe stand? Weshalb hat er stattdessen so viel Zeit in Irland, Schottland und England sowie in Skandinavien verbracht? Ein Grund dafür kann sicherlich in persönlichen Bekanntschaften gelegen haben, die er womöglich speziell in Britannien hatte. Vielleicht mied er Paris aber auch gerade wegen des Templer-Hauptquartiers dort, weil seine Auffassungen und Glaubenssätze denen dort ganz und gar nicht entsprachen? Das könnte wohl sehr gut sein!

In den nächsten Jahren hielt sich Hubertus offenbar vor allem am Untersberg bei den Seinen auf. Reiterich hält es allerdings für wahrscheinlich, daß er mehrfach zwischendurch bei Großkomtur Hugo in Wien gewesen sei. Dafür spricht wohl tatsächlich vieles. Es wäre unwahrscheinlich, daß er dort nicht über seine Reise berichtet haben sollte. Außerdem fällt auf, daß in diesem Zeitraum der Begriff „Baphomet" häufiger bei Hubertus und seiner Schar auftaucht als früher. Der Hauptsitz der Templer in Wien ist damals übrigens nicht das Kontor in der heutigen Blutgasse gewesen, sondern ein inzwischen gänzlich verschwundenes Gebäude, welches sich auf dem Weg zwischen Wien und Klosterneuburg befunden hat (nach heutigen Gegebenheiten der Lage dieser Städte gerechnet).

Blutgasse

Warum aber hatte Hubertus die sicher anstrengende Reise durch halb Europa unternommen? Vieles spricht dafür, daß er Anhänger für seine Sache gewinnen wollte, also für die Isais-Angelegenheit. Es ist also wohl tatsächlich eine „Akquisitionstour" gewesenen, um es mit einem heutzutage passenden Wort zu sagen. Ein anderer Grund dafür läßt sich kaum vorstellen.

Dr. Reiterich erwähnt nun erneut, er halte es für denkbar, sogar für wahrscheinlich, daß Hubertus in dieser Zeit nicht bloß Wien aufgesucht habe, bzw. die Templer-Komturei zwischen Wien und Klosterneuburg, sondern daß er auch an geheimen magischen Ritualen der Geheimwissenschaftlichen Sektion der Templer - SIGNUM SECRETUM TEMPLI - teilgenommen habe, wie sie u.a. in einer verborgenen Lokalität bei Korneuburg stattgefunden hätten – und selbstverständlich auf der Burg Lockenhaus, wovon Dr. Reiterich fest überzeugt war. Für gute Reiter waren das alles keine nennenswerten Entfernungen. Die quasi rituell-magischen Aspekte werden in der Schrift über die Wege des Ritters Hubertus lediglich grundsätzlich angesprochen. Sie bleiben aber doch nicht unerwähnt, obwohl der Freundeskreis von Reiterich in München diese nicht sonderlich schätzte, worauf er bekanntlich auch weitgehend Rücksicht nahm. Er selbst bemühte sich ja auch, mit seinen Arbeiten möglichst im Bereich des konkret Greifbaren zu bleiben, und Mystisches etc. nur als Motivation aufgrund mittelalterlichen Glaubens an das Wundersame einzubeziehen.

SST -  Kollage

Auf jeden Fall nimmt Reiterich als äußerst wahrscheinlich an, daß Hubertus bei solchen Zusammenkünften der geheimwissenschaftlichen Templer zu magischen „Zauberritualen" nicht nur Gast gewesen sein sei, sondern maßgeblicher Beteiligter, wenn nicht sogar Initiator erweiterter Vorgänge solcher Art, welche mit den Isais-Ideen sowie dem Vorhaben „Magna Figura" in Verbindung standen. Bedenkt man etwa, was über das Zusammentreffen des Hubertus mit dem Großkomtur Hugo auf der Burg Weitenegg berichtet ist, und wie stark dieser offenkundig von der Isais-Offenbarung beeindruckt war, so dürfte Reiterich mit seiner Meinung Recht haben.

Auch wenn sich nicht genau sagen läßt, wie stark der Einfluß Hubertus’ auf den Templerorden an sich gewesen sein mag, so kann doch als sicher angenommer werden, daß er einen sehr starken Stand bei Großkomtur Hugo hatte. Man muß dazu auch bedenken, daß Hubertus zwar noch nicht alt, aber doch mittlerweile ein Mann in reiferen Jahren gewesenen ist, der vermutlich als Persönlichkeit Respekt ausstrahlte.

Zwischen etwa 1255 und 1260, so nimmt Reiterich an, scheint Hubertus erneute Reisen nach Augsburg und Lothringen unternommen zu haben, aber nicht weiter. Genau festzuschreiben getraut sich dies Dr. Reiterich nicht, doch hält er es für sehr wahrscheinlich. In dieser Zeit, so meint Reiterich, habe Hubertus sich besonders mit der Anfertigung „magischer Apparaturen" befaßt. Einige Davon hätte er dann wahrscheinlich zu Freunden an anderen Orten bringen lassen, dies aber nicht selbst übernommen, sondern einige seiner Getreuen damit beauftragt.

Erst in hohem Alter, so schreibt Dr. Reiterich, habe Hubertus dann noch eine weitere lange Reise unternommen, von der er nicht zurückgekehrt sei. Einen Zeitpunkt, der sich durch irgendwelche Hinweise bestimmen ließe, vermochte Reiterich für den Beginn der zweiten großen Reise des Hubertus nicht zu nennen.

Diese offenbar letzte weite Reise des Hubertus führte ihn zunächst wieder über die vertrauten Stationen Augsburg und Lothringen. Von da aus führte sein Weg nach Flandern und in das nordfranzösische Lille. Dort muß er sich relativ lange aufgehalten haben und von da aus Briefe u.a. nach Wien geschrieben haben.

Frankreich  -  Lille

Unbegreiflicher Weise, so Reiterich, habe Hubertus von dort die Zerschlagung des Templerordens in Frankreich miterlebt. Noch im Jahre 1315, also ein Jahr nach der Hinrichtung des Templer-Großmeisters Jacques de Molay auf dem Scheiterhaufen, unterhielt Hubertus scheinbar eine Korrespondenz in Wien. Er muß zu diesem Zeitpunkt uralt gewesen sein. Obwohl kein Geburtsjahr von Hubertus bekannt ist, läßt sich aufgrund seines nachverfolgbaren Lebenswegs errechnen, daß er 1315 schon über 100 Jahre alt gewesen sein müßte! Reiterich stößt hier an den eingangs in seinem Vorwort erwähnten Punkt, daß etwas nach aller wissenschaftlichen Wahrscheinlichkeit Unmögliches doch das Tatsächliche zu sein scheint: Der Ritter Hubertus muß in beinahe übermenschlichem Alter noch bei besten Kräften gewesen sein. Heutzutage sind Menschen, die über 100 Jahre alt werden und dabei sehr vital bleiben zwar immer noch Ausnahmen, aber es gibt sie (man denke beispielsweise an Johannes Heesters). Im Mittelalter aber wäre so etwas eine ganz und gar extreme Ausnahmeerscheinung gewesen. Trotzdem: es kann sie gegeben haben.

Ein mögliches Zeugnis dafür ist, daß ein deutscher Ritter, der sehr alt war und doch „stark wie ein junger", und der sich in Lille Hubert d’Alpes nannte, Johanna von Flandern aufsuchte und dieser wertvolle Ratschläge gab. Johanna von Flandern war nicht nur Herrin in Lille, sondern auch Herzogin der Bretagne. In einem Erbfolgekrieg führte sie dort später, nach dem Tode ihres Gatten, persönlich das Heer an und führte es – in voller Rüstung – in der Schlacht um Hennebont zum Sieg. Dort und zu dieser Zeit trat „Hubert d’Alpes" (Hubert von den Alpen) nicht in Erscheinung, Jahre zuvor aber soll dieser mit Johanna von Flandern lange, geheimnisvolle Gespräche geführt haben. Dieser Mann ist höchstwahrscheinlich kein anderer gewesen als der Ritter Hubertus vom Ettenberg.

Johanna von Flandern - 2

In Lille tritt nun eine mögliche Weggablung in der Geschichte des Hubertus ein, zwei mögliche Varianten seines Wegs bieten sich an, für beide sind Spuren vorganden.

Die erste Variante ist folgende: Von Lille aus habe Hubertus dann vermutlich versucht, jetzt, in der höchsten Not der Templer-Brüder in Frankreich, Paris zu erreichen. Die Templerverfolgung fand ja de facto vor allem in Frankreich und England statt. In Deutschland konnte von so etwas noch längst keine Rede sein. Jetzt aber befand sich Hubertus in Frankreich. In der Stadt Lille hatte noch keine unmittelbare Gefahr für ihn bestanden, doch auf seinem Weg nach Paris änderte sich das. Noch ehe er Paris erreichen konnte, sei Hubertus in der Ortschaft St. Quentin als Templer-Anhänger erkannt und verhaftet worden. Zur betreffenden Zeit wurde ein aus dem Flandrischen gekommener Templer auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Dies sei ein „alter Zauberer" gewesen, der die gaffende Menge durch lästerliche Lieder zum Erschaudern brachte, welche er während des Brennens sang.

Dieses Opfer der Templerverfolgung könnte durchaus Hubertus gewesen sein.

Die zweite Variante, für die sich andere, aber ebenfalls brauchbare Spuren fanden, besagt, Hubertus sei von Lille aus nicht nach Frankreich, sondern nach Deutschland gereist. Von einer der Hansestädte aus, welche nicht genannt ist – Bremen böte sich geografisch gesehen an – habe Hubertus sich nach England eingeschifft. Er habe sich im Süden Englands eine kleine Weil bei Freunden aufgehalten, sei dann aber nach Irland weiter gereist.

Irland

In Irland, das darf als sicher gelten, gab es inzwischen eine kleine aber gut organisierte Isais-Gemeinschaft, welche vermutlich auch mit Gleichgesinnten in Schottland und England in Verbindung stand. Irland aber scheint das Zentrum der Anhängerschaft des Hubertus außerhalb Deutschlands gewesen zu sein. Dorthin – das wäre logisch – hat er sich begeben. Da er auf alle Fälle schon sehr alt gewesen sein muß, war er dann vielleicht doch nicht mehr imstande, die lange Heimreise bis zum Untersberg durchzustehen. So mag er in Irland geblieben und schließlich verstorben sein.

Dies war, aus vielen Seiten auf überschaubare Weise zusammengefaßt, was Dr. Reiterich über den Lebensweg des Hubertus niedergeschrieben hat, da und dort ergänzt durch Kleinigkeiten, die Reiterich in seinem sehr nüchtern formulierten Papier nur knapp anmerkt.

Duerer

Hat sich die Geschichte des Ritters Hubertus vom Ettenberg nun so zugetragen, oder ist vielleicht doch manches anders gewesen? Wahrscheinlich war einiges anders, das ist wohl anzunehmen. Die große Linie aber dürfte durchaus richtig gesehen sein.

       
               
               
     

       
               
               
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