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Zum Raum wird hier die Zeit ...

       
     
       
     

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Zum Raum wird hier die Zeit…“

Richard Wagners Bühnenweihfestspiel „Parsifal“

 

Richard Wagners Bühnenweihfestspiel „Parsifal“ ist mit Gewißheit eines der größten Werke, die Menschen jemals schufen – in der Musik und darüber hinaus. Eine schwierige Aufgabe also, darüber einen Artikel zu schreiben, zumal es mehr zu sagen gäbe, als selbst dicke Bücher zu fassen vermöchten. Wagners eigenes Verständnis zu diesem Werk offenbart schon die von ihm gewählte Bezeichnung: „Bühnenweihfestspiel“. 

Die ist vermutlich als freie Übertragung des italienischen „azione sacra“ oder des spanischen „auto sacramental“ zu verstehen. Dieses Werk schuf Wagner überwiegend in Italien, was sicherlich einige Einflüsse ausübte. Parsifal ist ein spirituelles Werk. Die Bezeichnung Oper – oder Musikdrama, wie Wagner sonst lieber sagte – würde dem von Parsifal nicht vollauf gerecht werden.

In diesem Artikel wollen wir aber nicht allein über das Musikwerk Parsifal sprechen, sondern auch über die Ideen um den Gral, die hinter ihm stehen.

Richard Wagner, der sicher zu den größten schöpferischen Geistern der ganzen Menschheitsgeschichte gehört – neben Leonardo da Vinci, der in seinen Bereichen wirkte, war Wagner wohl sogar der größte – schuf nicht allein unsterbliche Musik, er schrieb auch die Libretti zu seinen Werken selber. Viele Kenner bewerten Wagner daher auch als großen Dichter wie auch als Philosophen. Rudolf Steiler hielt ihn über dies für einen bedeutenden Okkultisten. Daß er damit Recht gehabt haben kann, bezeugt beispielsweise das Textbuch zu „Parsifal“. Dort kommt der Satz vor: „Zum Raum wird hier die Zeit“. Auch die umgekehrte Formel ergäbe Sinn, worauf wir im Rückblick bei Gedanken in Versen, „Die andere Zeit“ angespielt haben (ohne unsere bescheidenen Zeilen auch nur in die Nähe von Wagners großen Werken bringen zu wollen, denn das würde eine dumme Dreistigkeit sein!).

Richard Wagner ließ sich bis zu einem gewissen Grade von der Parzival-Dichtung des Wolfram von Eschenbach leiten, welche um 1210 entstand. Allerdings hielt Wagner diese Dichtung für zu sehr auf das Diesseitige ausgerichtet. Für Wagner war die Gralsidee mehr. Er ging tiefschürfend an seinen Parsifal heran. So änderte er den Namen von „Parzival“, wie Wolfram von Eschenbach den Namen schreibt, in „Parsifal“. Richard Wagner hielt diese Schreibweise aus einem guten Grund für die richtige; und zwar ausgehend vom altpersischen „fal parsi“, was „der törichte Reine“ bedeutet. Denn Parsifal ist anfänglich der „reine Tor“, der von sich selbst und der Welt noch wenig weiß. Allein ein solcher ist der Legende nach berufen, das ins Stocken geratene Werk um den Gral wieder lebendig werden zu lassen und zu vollenden. Die Welt des Grals befindet sich quasi außerhalb der allgemeinen Zeit. Richard Wagner hat das erkannt, denn die Gralsburg ist nur ansatzweise als ein Gebäude in dieser Welt zu verstehen. Musikalisch vermittelt das Vorspiel den Geist des rund viereinhalb Stunden dauernden Werks, das dann in „Karfreitagszauber“ seinen Höhepunkt findet.

Am 26. Juli 1882 fand die Uraufführung in Bayreuth statt. Viele halten Wagners „Parsifal“, neben „Tristan und Isolde“, für das bedeutendste Werk der Musikliteratur.

Parsifal ist sicherlich auch Wagners Suche nach Gott, so gesehen also wohl an die erste Stelle seiner Werke zu stellen.

Es kann kaum eine schwierigere Aufgabe geben, als Wagners Ideen zum Gralsmotiv zu behandeln, an die er sich schon mit „Lohengrin“ begab. Mit „Parsifal“, seinem letzten Werk, ging er auf diesem Weg weiter. Diesen Weg zu ergründen, das haben bereits viele versucht – von Wissenschaftlern bis hin zu Philosophen. Wenn wir uns jetzt in aller gebotenen Bescheidenheit damit befassen, obschon es uns an der dafür nötigen Zeit und Ruhe fehlt, so weil es jetzt geschehen muß. Es ist die Zeit dafür, vielleicht auch Fügung, weil dieses Thema jetzt einen aktuellen Zug bei uns gewinnt. Und wenn wir nicht an die Möglichkeit von Fügung glauben wollten – was täten wir dann noch? Der Gral, in seinen verschiedenen möglichen Betrachtungsweisen, ist jetzt hier zu behandeln! Dieses Motiv wird uns 2013 vermutlich noch öfter leiten.

Vom Geiste her, so glauben wir, ist Richard Wagner dabei an unserer Seite. Er weiß von „drüben“ aus, daß nicht Vermessenheit, sondern ehrliche Neigung uns leitet.

Was Richard Wagner mit dem Gral verband, hat er selbst nie bis ins Letzte erklärt, obschon er sich namentlich zu Parsifal schriftlich geäußert hat. Was uns daran heute besonders interessiert – auch im Lichte unserer Überlegungen zum Thema Zeit – das kulminiert in dem schon erwähnten Satz. Dieser ist gleich Anfangs, im ersten Aufzug, zu hören. Es ist die Szene, in der Gurnemanz den jungen Parsifal zur Gralsburg führt. Da heißt es, nachdem Gurnemanz den Gral erwähnte:


PARSIFAL  

Wer ist der Gral?  

GURNEMANZ  

Das sagt sich nicht;  
doch bist du selbst zu ihm erkoren, 
bleibt dir die Kunde unverloren. -   
Und sieh! -  Mich dünkt,  
daß ich dich recht erkannt:  
kein Weg führt zu ihm  
durch das Land,  
und niemand könnte ihn beschreiten, 
den er nicht selber möcht' geleiten.

PARSIFAL  

Ich schreite kaum, -   
doch wähn' ich mich schon weit. 

GURNEMANZ  

Du siehst, mein Sohn,   
zum Raum wird hier die Zeit. 

Die Musik macht das Wandeln zwischen den Ebenen geradezu spürbar: „Zum Raum wird hier die Zeit“. Wobei es ebenso heißen könnte: Zur Zeit wird hier der Raum, was inhaltlich vielleicht sogar dem noch näher kommen würde, worum es Wagner ging, aber dem Singen weniger zuträglich ist. Die Idee ist ja auch wie eine Gleichung, und jede Gleichung läßt sich bekanntlich umkehren. Beide Versionen des Gedankens beziehen sich auch auf dieselbe Grundidee: Zeit und Raum, Raum und Zeit, als zwei miteinander verwobene Seinsebenen, die auf einander einwirken, ja, die in letzter Konsequenz sogar als eines zu begreifen sind. Denn Zeit und Raum sind die Basis unseres Verstehens, die Grundlage, leben zu können. Die „raumlose Unendlichkeit und die zeitlose Ewigkeit“ (Jovian) ist eine allein göttliche Seinsform, die kein Mensch sich vorzustellen vermag. Ohne Raum und Zeit könnten wir nicht existieren.


So zeigt sich schon, wie eng hier alles miteinander verwoben ist. Richard Wagner und das Gralsmotiv, die Jovian-Offenbarung, alles, was wir für wichtig und wertvoll halten. Es sind die Motive, die durchs Leben führen, es ist der Weg zu Wissen und zur Erkenntnis, zu jener „himmlischen Gralsburg“, die wir als Sinnbild nehmen dürfen.

Die Gralsburg, die Wagner sich vorstellte, mag viele bauliche Vorbilder in der Welt haben. In Frankreich und Spanien, in der Schweiz und in Deutschland (Ludwig II. von Bayern schuf mit „Neuschwanstein“ seine eigene Gralsburg).

Richard Wagner hat zwar mit dem von ihm verwendeten Namen „Monsalvat“ einen Hinweis gegeben, der aber schwerlich konkret verstanden werden darf. Wagners Gralsburg steht wohl außerhalb von Raum und Zeit – jedenfalls außerhalb der diesseitigen Raum- und Zeitebenen. Deshalb wird die Zeit zum Raum, der Raum zur Zeit, wie Parsifal es empfindet, und wie Richard Wagners Musik es spürbar werden läßt, wie sie den Weg der beiden Männer untermalt, die der Gralsburg entgegengehen.

Und die „wahre Gralsburg“, sie befindet sich außerhalb der irdisch meßbaren Zeit. Niemand wir sie in dieser Welt finden – nicht die Gralsburg des Parsifal und des Lohengrin. Diese sind auf einer anderen Seinsebene errichtet, und niemand erreicht sie auf irdischen Wegen. Und doch muß es nicht unmöglich sein, zu ihr zu gelangen – auch schon vom Irdischen aus. Das Wie indes, findet nicht leicht eine Antwort.

Auf alle Fälle aber ist auch Wagners Gralsburg mehr als bloß Phantasie.

Der Gral selbst kann in vielerlei Bedeutung gesehen und verstanden werden. Wir haben ihn bisher nur im Zusammenhang mit den Katharern und Templern sowie mit dem magischen Stein „Garil“ gesehen. Das ist wohl eine unvollständige Sichtweise gewesen. Seit dieses Motiv für uns einen aktuellen Aspekt gewonnen hat, richten wir den Blick auch auf weitere Züge des Grals. So kann er wahrscheinlich auch als ein Symbol für das Überwinden der Zeitenge betrachtet werden. Also der Gral als magisches Instrument für Wege durch Zeit und Raum? Möglich, das ist eine der zu beachtenden Sichtweisen!

„Wer ist der Gral?“ So fragt Parsifal in seiner unschuldigen Naivität. Und er erhält zur Antwort: „Das sagt sich nicht.“ Es ist wohl so, daß sich dies nicht einfach sagen läßt. Ehe es begreifbar wird, ist eine lange Erkenntniskette nötig. Auch dem gut gebildeten Menschen bleibt der Zugang zu manchem verschlossen, solange er nicht die innere Gralsburg betreten hat, die nicht mit Hilfe von Landkarten zu finden ist.

Und auf der Suche nach dem Weg denken wir abermals an unsere kleine Versdichtung „Die andere Zeit“ in der Rubrik Rückblick dieser CN-Ausgabe. Dort gehen die Gedanken vom einzelnen Menschen aus. Nicht das hohe Göttliche steht im Vordergrund, sondern Dinge, die uns alle betreffen, uns kleine Menschlein, sozusagen.

Die andere Zeit, die unsere Uhren nicht zu messen vermögen, betrifft einen jeden Menschen, und für jeden besteht sie auf seine Art. Eine Zeit, die zum Raum werden kann, die gleichsam Raum ist, wenn auch nicht auf herkömmliche Weise erreichbar. Die erste Ebene, auf der sie besteht, dürfte die Meta-Ebene sein. Denn dort sind all unsere Gedanken feinstofflich manifestiert.

In „Die andere Zeit“  (Rubrik Rückblick)  heißt es dazu:


An manchem Ort wird Raum zu Zeit, 

an manchem Zeit zu Raum.

Beides kann geschehen. 

Der Mensch bemerkt es meistens kaum,

ist sich nicht bewußt: es gibt die andre Zeit. 

Ein jeder hat Zeichen in ihr, die ihm gelten. 

Ein Mensch, ein Ort, ein Gegenstand – 

Teil vergangener Erlebniswelten, 

das ist „das ferne Land, 

unnahbar euren Schritten“ -

von dem die Gralserzählung singt

 


Denn es sind nicht Schritte im wörtlichen Sinne, die an dieses Ziel führen, sondern Schritte des Denkens. Diese zu tun sind wir alle fähig. Was wir dazu benötigen, sind Bezugspunkte. Solche können von unterschiedlicher Art sein, wie im Text gesagt, wenn sie mit starken Gefühlen quasi aufgeladen sind, welche einen Schwingungsmagnetismus bewirken können. Vielleicht ist es in diesem Sinne sogar richtig, in „Tristan und Isolde“ ein affines Gegenstück zu „Parsifal“ zu erkennen“?

Wagner war der weltlichen Liebe ja durchaus sehr zugetan. Tristan und Isolde schuf er inspiriert durch die Liebe zu einer Frau.

In Parsifal kommt vielleicht ein irriger Eindruck auf, weil da in der Handlung das Keuschheitsgebot mittelalterlicher Ritterorden eine Rolle spielt. Eine Empfindenswelt, die Richard Wagner sicher sehr fern lag. Sehen wir also diese beiden Werke – „Tristan“ und „Parsifal“ – als zusammengehörig an, so führt das vielleicht auch näher an die wahre Gralserkenntnis – wenn diese nämlich auch, aber nicht nur im Spirituellen gesucht wird. Uns erscheint diese vielen vielleicht befremdliche Überlegung durchaus gerechtfertigt. Wagner befand sich bei der Arbeit am Libretto zu Parsifal bis zu einem gewissen Grade in den Fesseln jener mittelalterlichen Denkweise, die sicher nicht seiner eigenen entsprach, die aber in die Historie paßt und gehört. Anderenfalls wäre der Kundry vermutlich noch weitere Züge gegeben worden. Im „Karfreitagszauber“ wird Parsifal zwar mit ihr versöhnt, doch Kundrys Rolle bleibt tragisch. Tragisch enden zwar auch die Liebenden Tristan und Isolde, doch der Ausklang – nach Isoldes „Liebentod“ – illustrierte musikalisch geradezu das Sich-Wiederfinden im Jenseits (Richard Strauss mag Recht behalten, wenn er Tristan und Isolde das musikalisch größte Werk nennt; er hatte bekanntermaßen immer eine Partitur des Tristan bei sich, meist auf seinem Flügel liegend).


Ist der Gral also ganz generell auf zwei Weisen zu verstehen, eine weltliche (Tristan und Isolde) und eine geistige (Parsifal)? Das ist eine Überlegung Wert! Sie zeigt Gegensätze, doch auch manches Verbindende. Das würde auch den verschiedenen Ansatzpunkten der Gralssuche eine neue Seite geben: die materielle, zu der auch die Juwelen in dem Kelch gehören – und eben die geistige, der Gral gefüllt mit geistigen Juwelen und als Gefäß der Unvergänglichkeit der Zeit.


Unabhängig davon sowie von der Handlung des Bühnenweihfestspiels Parsifal:

Der Gral ist also auch zu verstehen als der Kelch, welcher angefüllt ist mit unseren Gefühlen, Erinnerungen und Gedanken, die auf der Meta-Ebene zeitlos leben. Mit dieser Sichtweise hätten wir das Hohe, das Göttliche, ins Menschliche hinabgezogen, so könnte nun kritisiert werden. Ja, in gewisser Weise. Aber muß das denn falsch sein? Aus der Sicht Christi sicher nicht, denn Er kam um der Menschen willen! Nicht jeder ist ein Parsifal oder ein Lohengrin. Doch jeder Mensch, ob Frau oder Mann, hat seinen Wert, hat seine Aufgabe im göttlichen Gefüge von Raum und Zeit. Und eine jede dieser Aufgaben ist wichtig vor Gott, sei sie größer oder kleiner.

Denken wir den Gral also auch einmal als ein Gefäß der Unvergänglichkeit. Das hat viel Schlüssiges, und es würde auch mit den alten Sagen durchaus harmonieren. Ein Gedanke, dem zu folgen sich womöglich lohnt! Mythen wie jene um den Gral haben stets einen wahren Kern; und dieser kann auf unterschiedliche Weise wirksam sein.

Da gibt es noch viel zu enträtseln, besser zu verstehen. Denn wer meint, nicht immerzu noch weiter lernen zu können, ja, zu müssen, wird die Gralsburg niemals sehen. Das äußerlich Anfaßbare findet sich sicherlich leichter – so gut es auch versteckt sein mag. Was dagegen auf dem Weg zwischen den Sphären seinen Ort hat, das will mit dem Geiste erreicht sein – mit der Geisteskraft. Und dahin führt uns die tiefgehende Erkenntnis dessen, was wir hier bei CN bereits an Wissen haben.

Davon so viel wie möglich an interessierte Damen und Herren weiterzugeben, ist der Grund dafür, daß CN im Internet besteht. Möge es vielen von Nutzen sein.

Nun denken wir abermals darüber nach: „zum Raum wird hier die Zeit…“ Wo führt dieser Weg entlang? Führt er durch die Meta-Ebene – das heißt: durch unsere eigenen Gedanken? Ja, so könnte es wohl sein. Was kaum erreichbar zu sein schien, wird plötzlich nahe!

So hätte jeder seinen Anteil am wahren Gral, der nicht aus Stoffen dieser Welt gebildet ist, und dennoch so real wie alles, was wir jemals sahen und dachten.

Ja, mit diesem Thema werden wir uns noch intensiv beschäftigen müssen. Und wie gut das doch ist, daß auch nach Jahrzehnten der Anstrengung immer wieder noch Neues, Wichtiges, erarbeitet sein will! Die Beschäftigung mit dem allzu Diesseitigen, dem in dieser materiellen Welt keiner entgeht, kann sich als Schranke erweisen, als sperriger Felsblock auf einem nötigen Weg.

Halten wir für heute erst einmal fest: Der Gral als Gefäß der Zeit. Diese Sichtweise kann wichtiger sein, als den Gegenstand Gral zu finden, den einst die Katharer besaßen, obgleich auch dies selbstverständlich eine Aufgabe ist.

Wie Richard Wagner den Gral sah, deutete und empfand, das ist, wie schon gesagt, nicht restlos klar. Den Zeitfaktor hat er offenkundig gesehen. Doch äußerte er sich auch auf ganz andere Weise. Dazu hat Rudolf Steiner einige Überlegungen niedergeschrieben:

„Das heilige Gefäß mit dem geläuterten Blut wurde nach Europa zu den Tempeleisen auf dem Berge Montsalvatsch gebracht. Titurel, der Ahnherr, hat den Gral empfangen, vorher war er ersehnt worden. Jetzt war die Überwindung des Blutes vor sich gegangen. Es war das rein Physische des Blutes durch das Geistige überwunden worden.

Nur wenn man das Blut nicht bloß, wie der Materialist, als aus chemischen Bestandteilen zusammengesetzt ansieht, kann man verstehen, was sich auf Golgatha vollzogen hat. Es ist im höchsten Grade bemerkenswert, daß Richard Wagner nur dadurch die fromme Stimmung zum «Parsifal» finden konnte, daß er wußte: Es handelte sich nicht allein um den Tod des Erlösers, sondern um das Blut, das gereinigt war, das etwas anderes war als das gewöhnliche Blut. Er spricht selbst von dem Zusammenhang des Erlöserblutes mit der ganzen Menschheit: «Fanden wir nun dem Blute der sogenannten weißen Rasse die Fähigkeit des bewußten Leidens in besonderem Grade zu eigen, so müssen wir jetzt im Blute des Heilands den Inbegriff des bewußt wollenden Leidens selbst erkennen, das als göttliches Mitleiden durch die ganze menschliche Gattung, als Urquell derselben, sich ergießt».

Ferner sagt Richard Wagner: «Das Blut in den Adern des Erlösers dürfte so der äußersten Anstrengung des Erlösung wollenden Willens zur Rettung des in seinen edelsten Rassen erliegenden menschlichen Geschlechtes, als göttliches Sublimat der Gattung selbst entflossen sein.»“

Für uns bleibt jedenfalls noch eine Menge zu tun, um das Motiv Gral zu entschleiern.

An der Bereitschaft dazu soll es nicht mangeln! Das Thema Gral wird uns im Jahre 2013 sicher noch mehr als einmal begegnen.


Wagners Parsifal, dirigiert von Pierre Boulez


All jenen, die noch keine Gesamtaufnahme von „Parsifal“ besitzen, sich aber eine solche anschaffen wollen, möchten wir zu der von Pierre Boulez raten, welche anlässlich der Bayreuther Festspiele aufgenommen wurde. Der Franzose Boulez zeigte keine Scheu vor dem Heldischen, er schaffte einen Parsifal, wie er Richard Wagner gefallen haben würde. In musikalischer Hinsicht einer der besten Parsifals, die es ja gab, auf Tonträger wahrscheinlich sogar der allerbeste.

Nachstehend nun noch für jene, denen der Inhalt von Wagners Parsifal nicht gegenwärtig ist, eine gute Zusammenfassung, die von der Bayerischen Staatsoper herausgegeben wurde. Wir haben uns erlaubt, diese zu übernehmen, da sich daran kaum etwas würde verbessern lassen.


Wagners Parsifal, Inhalt

Vorgeschichte

Dem Ritter Titurel wurden in der Zeit der Christenverfolgung durch Engel zwei heilige Güter anvertraut: Gral und Speer. Der Gral ist der Kelch des letzten Abendmahls von Jesus Christus, in dem auch das Blut des Gekreuzigten aufgefangen wurde. Mit dem Speer hatte der römische Soldat Longinus die Seite des gestorbenen Christus geöffnet. Zur Sicherung der Heiligtümer errichtete Titurel in abgelegener Gegend die Burg Monsalvat. Hier versammelte er Männer um sich, die seitdem unter strikter Einhaltung des Keuschheitsgelübdes als Ritter im Dienste des Grals gegen das Unrecht in der Welt kämpfen. Die regelmäßige Enthüllung des Grals spendet ihnen dafür die Kraft. Sie halten die unbedingte Befolgung des Keuschheitsgebotes für die unabdingbare Voraussetzung ihres Wirkens.

Auch Klingsor wollte zum Orden der Gralsritter gehören. Da er das Keuschheitsgebot nicht einzuhalten vermochte, entmannte er sich, wurde aber nun gerade von Titurel abgewiesen. Daraufhin schuf er sich eine Burg mit verführerischen Mädchen. Sie sollen die sittenstrengen Ritter zum Bruch des Keuschheitsgelübdes reizen und damit den Gralsorden schwächen. Nachdem Amfortas die Gralskrone von seinem Vater Titurel übernommen hatte, entschloß er sich, Klingsor zu vernichten, um der fortdauernden Bedrohung ein Ende zu setzen. Mit dem heiligen Speer bewaffnet, stieß er im Zauberschloß auf Kundry. Sie hatte einst Christus auf dem Kreuzweg verlacht. Seit ihr klar wurde, wie beschränkt ihr Verhalten war, irrt sie ruhelos durch unzählige Leben, um diese Situation wiederzufinden und ihre Fehler bereinigen zu können. Im Gralsgebiet ist sie helfende Dienerin, immer in der Hoffnung, hier ihrem Erlöser zu begegnen. In Klingsors Reich ist sie dagegen die teuflische Verführerin. Amfortas verfiel Kundrys Reizen, verlor dabei den heiligen Speer an Klingsor und empfing eine Wunde, die nicht heilt.


1. Aufzug

Gurnemanz, der einst mit Titurel den Gralsorden gründete, lebt außerhalb der Gemeinschaft wie ein Einsiedler. Er erwartet am frühen Morgen den siechen Amfortas, der zum See getragen wird, um im Bad Linderung seines Leidens zu finden. Kundry bringt eine neue Medizin aus Arabien. Amfortas nimmt sie an, obwohl er weiß, daß ihm laut einer Prophezeiung des Grals nur ein durch Mitleid wissend gewordener reiner Tor Heilung bringen kann.

Als die Knappen an der ihnen fremden Kundry ihre Aggression auslassen, nimmt Gurnemanz die Frau in Schutz, obwohl er ihre Mitschuld am Leiden des Königs nicht leugnen kann. Er versucht, den jungen Leuten Idee und Geschichte des Gralsordens nahezubringen und die Ursachen des gegenwärtigen Katastrophenzustands klarzumachen.

Da stürzt ein vom Pfeil getroffener Schwan vor ihnen nieder. Der festgenommene Schütze scheint sich keiner Schuld bewußt. Er kennt nicht seinen Namen, weiß nicht um seine Herkunft, nennt als einziges den Namen seiner Mutter: Herzeleide. Kundry weiß, daß er von seiner Mutter völlig weltabgewandt aufgezogen wurde, weil sie verhindern wollte, daß er wie sein Vater im Kampf fallen könnte.

In Gurnemanz keimt eine Hoffnung: Dieser Bursche könnte der erwartete reine Tor, der Erlöser der Gralswelt sein. Er führt ihn zum Gral, wo er am Ritual der Gralsenthüllung teilnehmen soll. Amfortas will die heilige Handlung nicht ausführen, denn der Anblick des Grals spendet auch ihm neue Lebenskraft und verlängert dadurch sein Leiden. Schließlich tut er seine Pflicht. Der fremde Jüngling hat das für Amfortas so schmerzliche Ritual gesehen, ist aber aufgrund seiner Unreife nicht in der Lage, seinem Mitgefühl Ausdruck zu geben. Gurnemanz weist ihn enttäuscht aus dem Gralsgebiet.


2. Aufzug

Klingsor hat die seine Existenz bedrohende Gefahr erkannt. Er befiehlt Kundry, den fremden Knaben, der sich auf seiner Wanderschaft dem Machtbereich des Zauberers nähert, zum Mann zu machen. Dadurch würde er – innerhalb eines zu denkenden körper- und sinnenfeindlichen Wertsystems – zur Rettung der Gralsritter, für die das Keuschheitsgelübde absolutes Gebot ist, untauglich. In Klingsors Zaubergarten versuchen die Blumenmädchen, den Jüngling zum Spiel der Liebe zu verführen. Er aber verweigert sich. Da ruft ihn Kundry mit dem Namen, den seine Mutter einst im Traum genannt hat: Parsifal, und er wendet sich ihr zu. Sie berichtet ihm von Herzeleide, die starb, als der Sohn von ihr ging.

Parsifal fühlt sich schuldig am Tod seiner Mutter. Kundry bietet ihm Tröstung an: indem er die Liebe kennenlerne, werde er reifen und diese Schuld hinter sich lassen können. Sie küßt ihn. In diesem Augenblick begreift Parsifal, was er im Gralstempel gesehen hat. Er versteht nun die Leiden des Amfortas und erkennt, welcher Auftrag ihm übertragen ist: den heiligen Speer wiederzugewinnen, Amfortas zu heilen, Gralskönig zu werden und den Orden von seiner Handlungsunfähigkeit zu befreien. Kundry versucht verzweifelt, ihm klarzumachen, daß auch sie der Erlösung bedarf. Sie ist überzeugt, endlich den gefunden zu haben, mit dem zusammen sie ihren Fehler bereinigen kann: einen Menschen, der nicht Gleiches mit Gleichem vergilt, verlacht zu haben. Parsifal bleibt unerbittlich. Da verflucht Kundry ihn und ruft Klingsor zur Hilfe. Der schleudert den Speer nach Parsifal, kann ihn aber nicht verletzen. Parsifal zerstört Klingsors Zaubergarten und macht sich auf den Weg zum Gral.


3. Aufzug

Kundry ist wieder im Gralsgebiet, wo Gurnemanz sie am Karfreitagsmorgen halb erfroren findet. Sie scheint keine Sprache mehr zu haben, nur zwei Worte stößt sie heraus: »Dienen, dienen!« Ein fremder Ritter nähert sich. Am heiligen Speer erkennt Gurnemanz Parsifal. Heftig bewegt schildert Gurnemanz ihm den hoffnungslosen Zustand des gesamten Gralsreiches. Amfortas hat den Gral seit langem nicht mehr enthüllt. Titurel ist gestorben.

Parsifal gibt sich die Schuld an der Katastrophe. Er wird von Gurnemanz und Kundry gewaschen und zum König erhoben. Kundry empfängt die Taufe von Parsifal. Alle drei erleben einen Augenblick ganzheitlichen Menschseins. Amfortas hatte sich widerstrebend bereiterklärt, während der Totenfeier für seinen Vater ein letztes Mal den Gral zu enthüllen.‚ Aber nun weigert er sich. Eine von Gewalt bestimmte Auseinandersetzung droht auszubrechen. Da greift Parsifal ein. Er heilt Amfortas und übernimmt das Amt des Gralskönigs. Kundry stirbt (bzw. entschwebt der Welt).

 

Veröffentlicht von der Bayerischen Staatsoper, München

       
               
               
     

       
               
               
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