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Rückblick |
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Das Würzburggerät |
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Das Würzburggerät
Die Anlage mit der riesigen Parabolantenne, welche das Eingangsbild zu diesem Artikel zeigt, sieht aus wie ein Vorläufer jener Geräte, mit denen heutzutage ins Weltall hineingehorcht wird. Es handelt sich um eine große Ausführung des „Würzburggeräts". Dieses stammt aber noch aus dem Zweiten Weltkrieg. Im französischen Douvres-la-Délivrande blieb eine solche Anlage unbeschädigt. Sie wurde nach dem Krieg von den Franzosen weiterverwendet und existiert noch heute. Und die Anlage wirkt heutzutage noch immer so futuristisch wie am ersten Tag. Das Funkmeßgerät FuMG 39 „Würzburg" war ein für die Zeit vor 1945 außerordentlich fortschrittliches Gerät, in vielerlei Hinsicht weitaus leistungsfähiger als die Radargeräte der Alliierten. Die Wehrmacht verwendete es als bodengestützte Feuerleitradar. Mehr als 4.000 Würzbunggeräte verschiedener Typen wurden hergestellt. Die Entwicklung begann vor dem Krieg, die ersten Geräte wurden ab 1940 eingesetzt. Das Gerät wurde nach der Stadt Würzburg benannt, weil der Projektleiter, Wilhelm Runge, Städtenamen als unverfänglich betrachtete. Die Entwicklung solcher Geräte begann bereits im Januar 1934, als sich sich Mitarbeiter der Firma Telefunken mit deutschen Radar-Forschern trafen, unter diesen auch der Leiter der Forschungsanstalt der Nachrichten-Versuchsabteilung der Kriegsmarine Dr. Rudolf Kühnhold sowie der Mikrowellen-Experten Dr. Hans Erich Hollmann. Es ging um die Entwicklung eines Frühwarnradargeräts. Forschungsleiter Runge von Telefunken hielt anfänglich nichts von dem Konzept. Daraufhin schlossen sich die beiden Entwickler mit der Firma GEMA (Gesellschaft für Elektroakustische und Mechanische Apparate) zusammen. Dies führte zu einer Zusammenarbeit auch mit der Firma Lorenz, welche bei der Entwicklung der Radarsysteme Freya und Seetakt im Boot war. Im Frühjahr 1935 erkannte Dr. Wilhelm Runge bei einem Versuch mit einem Dauerstrichradar, daß das Projekt funktionieren konnte, und setzte sich bei Telefunken für die Entwicklung eines eigenen Radarsystems ein. Da sich bei der Firma Lorenz bereits Erfolge im Frühwarnbereich abzuzeichnen begannen, legte er bei Telefunken den Schwerpunkt auf ein Feuerleitradar. Die Firmenleitung war allerdings so wenig interessiert wie Wilhelm Runge im Jahr zuvor und maß dem Projekt in der Entwicklung wenig Bedeutung bei. Das verhinderte aber trotzdem nicht, daß nach dem Beginn der Entwicklung bereits im Sommer ein funktionierendes Experimentalgerät verfügbar war, das im 50-cm-Band in der Lage war, eine Ju 52 gut als Ziel zu erkennen. Im nächsten Sommer war aus dem Experimentalgerät bereits ein Prototyp geworden, bekanntgeworden unter dem Namen „Darmstadt", der eine Genauigkeit von 50 m auf 5 km Entfernung aufwies, was für ein Feuerleitradar als nicht ausreichend erschien. Im Herbst des Jahres 1938 beschleunigte ein Auftrag der Luftwaffe dann die Entwicklung. Das fertige System wurde 1939 als FuMG 62 in Rechlin vorgeführt, gleichzeitig mit dem FuMG 39T Darmstadt. Die Gruppe bei Telefunken hatte ein recht genaues System auf Basis einer Klystron-Mikrowellen-Röhre entwickelt, das in dem zu jener Zeit extrem kurzwelligen Bereich von 54 bis 53 cm (563–566 MHz) mit einer Pulslänge von zwei Mikrosekunden bei einer Spitzenleistung von 7 bis 11 kW und einer Pulswiederholrate von 3750 Hz arbeitete, umschaltbar ab Modell-C auf 5000 Hz. Es hatte vorerst eine maximale Reichweite von 29 km und war auf 25 m genau. Benutzt wurde eine drei Meter große, auf einem fahrbaren Anhänger montierte Parabolantenne. Für den Transport konnte die Antennenschüssel entlang der waagerechten Mittellinie zusammengeklappt werden. Im Herbst 1939 bestellte die Wehrmacht die ersten Geräte dieser Art, eingeführt wurde das System 1940. Ungefähr 4.000 solche Geräte in verschiedenen Versionen, die auf den Konstruktionsgrundlagen des Radars Würzburg beruhten, wurden im Laufe des Krieges ausgeliefert. Die Geräte wurden zunächst zur Entfernungs- und Höhenwinkelmessung eingesetzt. Ab 1941 gelangte das verbesserte Modell „Würzburg D" mit einem Antennendurchmesser von 7,4 m zum Einsatz, und schließlich der Typ „Würzburg Riese". Bei erhöhter Sendeleistung ergab sich nun eine Reichweite von 70 km. Die Seitenrichtgenauigkeit wurde auf 0,2°, die Höhenrichtgenauigkeit auf 0,1° gesteigert, was für ein Feuerleitradar mehr als ausreichend war. Das System war aber jetzt zu groß und mit 15 t Gewicht zu schwer, um noch mit einem Lkw-Anhänger mobil einsetzbar zu sein. Das Gerät „Würzburg-Riese E" wurde für den Einsatz von ortsfesten Stellungen oder Eisenbahnwagen ausgelegt. Während des Krieges wurden ungefähr 1.500 Geräte dieses Typs hergestellt und vorwiegend als Jägerleitradar eingesetzt. Die nächste Entwicklungsstufe „Würzburg Gigant" verfügte über eine Sendeleistung von 160 kW, sie ging aber nicht in die Serienproduktion. So sehr die großen Würzburggeräte heutzutage auch nach Weltraumtechnik aussahen, hatten sie zu ihrer Zeit damit doch noch wenig zu schaffen. Es ist aber sicher richtig, in ihnen die technischen Vorläufer jener Anlagen zu sehen, die heutzutage der Erforschung des Weltalls dienen. Eine nächste Entwicklungsstufe, wäre diese fertiggestellt worden, würde bei entsprechender Auslegung auch damals schon ein erstes Hineinhorchen ins All ermöglich haben. |
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