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Rückblick |
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Die geheime Geschichte der EU |
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Die geheime Geschichte der EU
Allen Dulles und Joseph Retinger gelingt die Einrichtung des Europarats und der EGKS, aber sie scheitern mit der Durchsetzung einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft. 1922
veröffentlicht Graf Richard von Coudenhove-Kalergi sein berühmtes Werk: Im Laufe seiner Ausführungen, in
die er in diesem Fall die Gedanken Giovanni Agnellis [3]
über den europäischen Föderalismus als Gegenmittel zum revanchistischen
Nationalismus integriert, schlägt Coudenhove-Kalergi vor, weiterzugehen
und die Vereinigten Staaten von Europa nach dem Modell der amerikanischen
zu schaffen. In seinem Sinne geht es auch darum, eine Europa-Macht zu
gründen, die fähig ist, ein Gegengewicht zu den neuen Blöcken wie USA,
UdSSR und Großbritannien zu bilden. 1926 schafft Coudenhove-Kalergi eine Vereinigung, die Paneuropa-Union, die in Wien einen Kongress mit mehr als 2.000 Teilnehmern hält. Sein Vorschlag ist die friedliche Zusammenarbeit zwischen souveränen Staaten. Die faschistische Vision eines durch Gewalt zusammengefügten Europas, wo die ethnischen Regionen schwärmerisch übertrieben und die Nationalstaaten zerstört würden, lehnt er ab. Er bringt die Unterstützung einer langen Liste von Intellektuellen wie Guillaume Apollinaire, Albert Einstein, Sigmund Freud, Thomas Mann, José Ortega y Gasset, Pablo Picasso, Rainer Maria Rilke, Saint John Perse und anderen mit.
Aristide Briand
Der Friedensnobelpreisträger Aristide Briand [4] wird zum Präsidenten der Union gewählt. In den dreißiger Jahren wird das Projekt politisch von Aristide Briand und Edouard Herriot getragen. Sechsundzwanzig Staaten werden kontaktiert, um einer föderalen europäischen Union beizutreten. Übrigens konstatiert
der Geschäftsmann Jean Monnet, der bei der Gründung des Völkerbundes
dessen stellvertretender Generalsekretär wurde, dieser sei de facto eine
europäische supranationale Organisation und schlägt vor, daraus den
Rahmen der europäischen Union zu schaffen.
Das anglo-amerikanische Projekt für Westeuropa
Graf Richard von Coudenhove-Kalergi Richard von Coudenhove-Kalergi, bei Ende des Zweiten Weltkrieges im US-amerikanischen Exil, macht umfangreiche Lobbyarbeit, um Washington zu bewegen, in Europa eine föderale Organisation durchzusetzen, wenn der Frieden zurückgekehrt ist. Seine Anstrengungen sind von Erfolg gekrönt, denn seine Idee wird im Laufe des Jahres 1946 [5] vom Council of Foreign Relations (CFR) (Rat für Auswärtige Beziehungen) angenommen [6], der daraus eine seiner Empfehlungen an das Außenministerium formuliert. Der frühere Premierminister Großbritanniens Winston Churchill verweist seinerseits 1946 auf „den Eisernen Vorhang, der sich auf Europa gelegt hat“ [7]. Man will den westlichen Teil stabilisieren und die kommunistische Ansteckung verhindern. Am
8. Mai 1946, anlässlich des ersten Geburtstages der Reichskapitulation,
stellt das Royal Institute of International Affairs (RIIA, genannt „Chatham
House“), die englische Schwester des Council of Foreign Affairs (CFR),
die gemeinsame Position von London und Washington vor.
Chaotische Anfänge des angloamerikanischen Vorgehens in Westeuropa
Die Entwicklung setzt sich fort. Die englischen Geheimdienste gründen die Independent League for European Cooperation (ILEC) (Unabhängige Liga für Europäische Zusammenarbeit), deren Generalsekretär Joseph H. Retinger und deren Präsident der ehemalige belgische Premierminister Paul van Zeeland ist. Der Sitz ist in Brüssel. Abteilungen werden in Deutschland, Frankreich [10], Italien, den Niederlanden, Luxemburg und – selbstverständlich – in Großbritannien eingerichtet. Auf Initiative des US-amerikanischen Botschafters Averell Harriman wird in den USA eine andere Abteilung durch Russell C. Leffingwell, den Präsidenten des CFR, aufgestellt. Die Rolle, die dabei der ILEC zufällt, ist die Förderung einer europäischen Freihandelszone mit einer gemeinsamen Währung. Einige Wochen später, im September 1946, finanziert Allen W. Dulles, der neue Präsident des CFR, die Gründung der Union der Europäischen Föderalisten (UEF) in Hertenstein in der Schweiz [11] rund um einen Kreis personalistischer Philosophen [12], namentlich Alexandre Marc und Denis de Rougemont und den ehemaligen Chef der Résistance-Gtuppe „Combat“ Henry Frenay [13]. Die Aufgabe der Union der Föderalisten ist die Mobilisierung der öffentlichen Meinung, damit die Integration beschleunigt wird (d.h. der Verlust der Souveränität der Staaten), was keiner der politischen Leiter im Amt vornehmen kann. Im
Januar 1947 gründet Churchill das Provisionnal United Europe Committee
(Provisorisches Vereinigtes Europäisches Komitee). Der Kongress fordert die vom Marshall-Plan profitierenden Staaten auf, sich um die Teilnahme an diesen „Vereinigten Staaten“ zu bewerben.
Senator J. William Fulbright Und
um bei den US-Eliten für die Vorstellungen des Grafen von
Coudenhove-Kalergi zu werben, gründete Senator Fulbright das Committee
for a Free and United Europe (Ausschuss für ein freies und vereintes
Europa) mit William J. Donovan und Allen W. Dulles [14]. Im Juli 1947 veröffentlicht die Zeitschrift des Council on Foreign Relations einen anonymen Artikel – in Wahrheit durch den Botschafter George F. Kennan verfasst – der die Gefahr des kommunistischen Expansionismus beschreibt und die Politik der Eindämmung propagiert. Der Nationale Sicherheitsrat präzisiert die Strategie: Die „Phase I“ sieht vor, alle Staaten Westeuropas, die durch die Anglo-Amerikaner befreit wurden, zu föderalisieren; „Phase II“ besteht darin, die zentralen und östlichen Staaten Europas aus dem sowjetischen Umkreis herauszulösen und den „Vereinigten Staaten von Europa“ anzugliedern [15]. Großbritannien
unterschreibt am 17. März 1948 in Brüssel einen Vertrag zur
militärischen Zusammenarbeit mit Frankreich und den Benelux-Staaten, der
die Westeuropäische Union (WEU) begründet. Andererseits richtet mit Blick auf die „Phase II“ der Vorsitzende des angeschlossenen englischen Nachrichtendienstes William Hayter ein Netzwerk von Agenten hinter dem Eisernen Vorhang ein. Diese Stay-behind bilden die Assembly of Captive European Nations (ACEN) (Versammlung der unterjochten Nationen Europas). Schließlich schließt sich der Heilige Stuhl dem antikommunistischen Kreuzzug an. Pius XII. empfängt im September 1948 den zweiten Kongress der Union der Europäischen Föderalisten in Rom [17].
Das Amerikanische Komitee für ein Vereintes Europa
Am 5. Januar 1949 wird das ACUE am Sitz der Woodrow-Wilson-Stiftung in New York gegründet. Ohne besondere Geheimhaltung ist sein Verwaltungsrat ein Adressbuch der US-Geheimdienste: Präsident William J. Donovan (ehemals Geheimdienstchef des OSS, dann Berater der CIA); Vizepräsident Allen W. Dulles (früher OSS, dann Präsident des CFR und künftig Direktor der CIA); Exekutiv-Direktor Thomas W. Braden (früher OSS, künftiger stellvertretender Direktor der CIA); dazu David Dubinsky, Arthur Golberg, und Jay Lovestone, alle drei verantwortlich für Geheimaktionen von AFL-CIO [18]; usw.
Allen W. Dulles Der
Ausschuss hält seine erste öffentliche Versammlung am 29. März 1949 in
Anwesenheit von Winston Churchill ab. Sie ist ein Schaufenster für die
Regierungsunabhängigkeit der CIA, die an der Oberfläche öffentliche
Aktivitäten entwickelt. Ihre wahre Aufgabe ist die heimliche Finanzierung
aller europäischen föderalistischen Vereinigungen. Am 4. April 1949 unterzeichnen die Vereinigten Staaten, Kanada und Frankreich den Nordatlantikpakt (NATO). Das ACUE finanziert die Vorbereitungstreffen für den Vertrag von Westminster (5. Mai 1949), der eine Organisation mit dem Ziel, Regierungsnormen der „freien Welt“ zu definieren und zu verbreiten, begründet: den Europarat. Zum Präsidenten wird der belgische Ministerpräsident Paul-Henri Spaak gewählt. Im
August 1949 bringt die Sowjetunion ihre erste Atombombe zur Explosion,
sehr zur Bestürzung Washingtons. … Bestürzung in London. Das ACUE beschließt, die direkte Kontrolle der europäischen Bewegung wiederaufzunehmen, das heißt, die Wende in die britische Richtung zu machen. Mit Sachkenntnis wird eine Krise organisiert: Die Franzosen der Föderalisten-Union protestieren dagegen, dass sie nicht in den leitenden Instanzen vertreten sind und schlagen die Tür zu, unter dem Vorwand, das ACUE höre auf, die Europäisch Bewegung zu finanzieren. Präsident Duncan Sandys wird in die Enge getrieben und tritt im März 1950 zurück. Er wird durch den Belgier Spaak ersetzt, der den Umzug des Betriebssitzes von London nach Brüssel vollzieht. Ein anderer Belgier, Baron Boël [19], wird Schatzmeister.
Der Erfolg der EGKS und die Schlappe der CED
Am 8. Mai 1950, zum fünften Jahrestag der Kapitulation des Deutschen Reiches, schlägt der französische Außenminister Robert Schuman vor, das Vorhaben von Louis Loucheur und Richard von Coudenhove-Kalergi durch Schaffung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, auch: Montanunion) in die Praxis umzusetzen. Schuman ist überzähliges Mitglied von Opus Dei. Die geheime Bruderschaft hat für ihn ein neues Image geschaffen und dadurch die Erinnerung an seine Teilnahme am Kabinett von Philippe Pétain ausgelöscht, das den Waffenstillstand der Schande unterzeichnete. In New York organisiert Allen W. Dulles eine Pressekonferenz, in deren Verlauf er eine Liste mit 118 prominenten Persönlichkeiten der Vereinigten Staaten veröffentlicht – Mitglieder der ACUE, die den Plan Schumans unterstützen. Unmittelbar darauf schlägt der französische Verteidigungsminister René Pleven am 24. Oktober 1950 die Schaffung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) vor. Der Mitteilung dieser Ankündigung wird Nachdruck gegeben durch ein Wachsamkeitskomitee, eine Erscheinung der Föderalisten-Union von Henry Frenay, selbstverständlich finanziert durch das ACUE. Sechs Staaten unterzeichnen am 27. Mai 1952 den EVG-Vertrag in Paris. Im Unterschied zu den Benelux-Staaten, zum Europarat und zur Montanunion ist die EVG kein traditionelles Projekt der Europäer, sondern eine von Washington aufgesetzte Struktur. Als Antithese zu den Vorstellungen Aristide Briands, der für die Verteidigung eine Syndikatsbildung nach dem Modell der Zusammenschlüsse der griechischen Städte der Antike vorsah, stellt sich das Pentagon einen ergänzenden Zusammenschluss vergleichbar mit dem im Persischen Reich vor. Die Gaullisten und die Kommunisten verbünden sich, um die Ratifizierung des Vertrags durch die Nationalversammlung zu verhindern; diese lehnt dann am 30. August 1954 den Vertrag ab. Das schöne Gebäude stürzt zusammen. Die Strategie wird geändert und die
Wende zur NATO vollzogen. London und Washington vertrauen Joseph H.
Retinger, der die ganze Zeit über Generalsekretär der Europäischen
Bewegung ist, die sorgfältige Rekrutierung hoher europäischer
Persönlichkeiten an, um gemeinsam die Integration der europäischen
Staaten in eine Freihandelszone ausgehend von der Montanunion sowie ihre
Integration in die NATO voranzubringen.
Evtl. Fortsetzung? T. Messan
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« Comment le Conseil des étrangères détermine la diplomatie US [8] Das Deutsche Reich war in Polen eingefallen, die faschistische Regierung von Sikorski fand sich an der Seite der Alliierten wieder. [9] Rede an der Universität von Zürich (Schweiz), 19. September 1946. [10] Die französische Abteilung trägt den Namen Ligue européenne de coopération économique (LECE). Ihren Vorsitz hat Edmond Giscard d’Estaing, Mitglied des Opus Dei und Vater des künftigen Präsidenten der Republik und Schöpfers des Ecu. [11] Allen W. Dulles hat seit dem Zweiten Weltkrieg das OSS (Office of Strategic Services, US-Geheimdienst) in Europa von Bern aus geleitet. [12] Der Personalismus ist eine von Emmanuel Mounier ausgearbeitete Doktrin, welche die christliche Achtung vor der menschlichen Personen und die kollektive Mobilisierung, wie sie sowohl durch den Faschismus wie den Kommunismus erschlossen wird, miteinander versöhnen will. Diese Bewegung hat sich um die Zeitschriften L’Ordre nouveau und Esprit entwickelt. [13] Seit 1943 hatte Allen W. Dulles die Widerstandsgruppe „Combat“ finanziert, um die Bemühungen von Jean Moulin zu sabotieren, der die Franco-Anhänger ausgeschlossen und die Kommunisten in den Nationalrat der Résistance einbezogen hatte. [14] General Donovan war während des Krieges der Chef des OSS und Dulles sein Stellvertreter für Europa gewesen. [15] Als Reaktion nimmt die UdSSR die Jdanov-Doktrin an und gründet die Kominform. Die Vereinigten Staaten brachen die Allianz gegen die Nazis und stützen sich seither auf Parteien der extremen Rechten, der Rechten und der nichtkommunistischen Linken, um die natürliche Ausbreitung des Kommunismus einzudämmen.. Weltweit müssen die Kommunisten daraus die Schlüsse ziehen und mit ihren linken Partnern brechen. Sie können nur auf die Unterstützung der UdSSR rechnen, die de facto ihr führender Kopf ist. [16] Zu Ehrenpräsidenten werden ernannt: Winston Churchill, Konrad Adenauer, Léon Blum, Alcide de Gasperi und Paul-Henri Spaak. [17] 26 Delegierte werden gewählt, davon für Frankreich der ehemalige Widerstandskämpfer Henri Frenay, der frühere Studiendirektor der Ecole d’Uriage, André Voisin, Germaine Peyroles, der Philosoph Alexandre Marc. [18] Siehe die Untersuchung von Paul Labarique « AFL-CIO ou AFL.CIA » und « 1962-1979: 1’AFL-CIO at la contre-insurrection syndicale » , Voltaire des 2 et 11 juin 2004 (auch auf englisch: „1962-1979: The AFL-CIO and Trade Union Counterinsurgency“, Voltaire Network, 11 June 2004). [19] Der Baron Boël war übrigens Präsident der belgischen Abteilung der Unabhängigen Liga für Europäische Zusammenarbeit. [20] « Les gentlemen du Crcle Pinay, Voltaire, 11 mars 2004. [21] Das Netzwerk stay-behind wurde gerade formell der CIA eingegliedert.
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