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Lebendige
Erinnerungen
In
jungen Jahren verwechseln wir Erinnerungen häufig mit Träumen,
mit
Welten, geschaffen aus Phantasie –
genauso
bestanden hat das meistens davon nie,
doch
es ist eine Art, sich gegen Alltägliches aufzubäumen.
Erinnerungen
– wir lernen sie erst recht zu begreifen,
wenn
unser Leben ausreicht, um Kapitel zu haben.
Dann
erkennen wir, was diese und jene Erlebnisse uns gaben.
Doch
bis dahin ist es nötig, zu reifen.
Manche
haben schon früh viel erfahren –
Gutes
wie Übles – bereits in jungen Jahren.
Darüber
bestimmt meist die Zeit, in die unsere Jugend fällt.
Herrscht
Frieden – oder womöglich Krieg in der Welt?
Was
von außen kommt, das lenkt ja viel.
Das
Schicksal treibt manchmal ein grausames Spiel;
und
die Menschen sind wie Schachfiguren darin,
was
ihnen widerfährt, hat selten einen höheren Sinn.
Erinnerungen,
die auf solche Weise geboren,
wünscht
man selten festzuhalten.
Junge
Menschen empfinden schon wie die Alten;
vieles
ist schon ungelebt für sie verloren.
Erinnerungen
– ihrer gibt es verschiedene Arten.
Da
sind die wundervollen, in denen das Leben uns Schönes bot.
Und
es gibt auch die traurigen an Momente von Kummer und Not.
Zwischen
diesen viel Allerlei ohne Leid, doch auch ohne Taten.
Alles
zusammen bildet den Erinnerungsschatz,
in
dem sich sammelt, was unser bisheriges Leben war.
Weiteres
Neues bietet sich täglich dar.
mag
es bedeutungsvoll oder nichtig sein,
es
fügt sich in die Erinn’rungen ein.
In
der Jugend sind uns Erinn’rungen nicht wichtig.
Wir
fühlen uns wie unsterblich, als könnten wir niemals vergehen.
Daß
es sich anders verhält, lehrt uns das Leben verstehen.
Anfangs
glauben wir, wir würden alles erreichen –
und
bemerken kaum, wie die Jahre entschleichen.
Die
bedeutenden Taten, von denen wir träumten –
wir
stellen fest, daß wir die meisten zu tun versäumten.
Und
doch ist so vieles, so reichlich geschehen,
daß
wir guten Muts in die kommenden Jahre gehen.
Irgendwann
werden bedeutungslose Erinnerungen verblassen,
die
ungerufenen unguten räumen ihre Plätze.
Dafür
lassen sich die guten und schönen immer deutlicher fassen.
Das
sind unsre Erinnerungsschätze.
Jene
von der besonderen Art, welche wir „lebendige“ nennen.
Jeder
Mensch wird solch lebendige Erinnerungen kennen.
Sie
sind verbunden mit Menschen wie auch mit Dingen,
mit
Erlebnissen, die vorübergegangen -
und
die doch niemals vollkommen vergingen;
für
sie gibt es kein Sterben und kein Vergehen,
sie
bleiben lebendig und auf ewig bestehen!
Unsere
erste Liebe werden wir jederzeit vor uns sehen:
Allzeit
jung, so wie wir am Anfang sie kannten
und
mit zärtlichen Kosenamen benannten –
das
wird nicht vergehen, wie die Zeit auch verstreicht –
das
Schöne bleibt in der Erinn’rung stets gleich.
Neben
dem Schönen gab es wohl auch manche Dramen,
für
welche bestimmte Gegenstände stehen.
Wir
können sie nach belieben innerlich vor uns sehen,
so,
wie wir einst zu ihnen kamen.
So
hat jede Lebensphase ihre besonderen Zeichen,
die
bestimmte Gefühle ins Bewußtsein rufen,
so
wie sie diese weiland aus dem Erlebnis erschufen;
sie
werden einander jedesmal wieder gleichen.
Wie
kann es derart lebend’ge Erinnerung geben?
Was
zeigt uns dadurch die göttliche Kraft
indem
sie etwas so Eigenartiges schafft?
Haben
wir mehrfach ein ewiges Leben:
Ein
endliches bloß in dieser Welt,
ein
endloses später in einer andren,
die
wir in unmeßbaren Zeiträumen durchwandern?
wo Zeit und Raum uns nicht mehr hält.
Leben
wir nicht auch in der Erinnerung anderer?
Und
in deren Gedanken?
So
wie diese uns besuchen als geistige Wanderer?
Die
Erinnerung ist frei von sämtlichen Schranken
der
Räumlichkeit sowie der irdischen Zeit?
Unser
Geist hält viel Unbekanntes bereit!
Die
Erinnerung jedenfalls ist das, was in dieser Welt von uns bleibt,
was
der Gott Schicksal in das Buch der Gedanken schreibt.
Den
Titel haben wir diesem Buch selber gegeben,
dieses
heißt: Unser Leben !
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