Spieglein, Spieglein in der Hand –

So fragt’ das Mädchen –

sag mir, ob ich richtig sehe,

ob, was ich bisher im Leben fand,

ich auch alles recht verstehe,

also auf klugen Wegen gehe.

Trage ich die richtigen Kleider?

Und besser hohe oder flache Schuhe?

Brauch ich einen andren Schneider?

Besser helle oder dunkle Töne?

Dergleichen läßt mir keine Ruhe.

Wenn da doch bloß Erleuchtung käme!

Sind eher enge oder weite Röcke gut?

Ach, und zur Frisur fehlt’s mir an Mut:

Soll ich die Haare offen tragen,

im Winde wehend und sehr lang?

Oder sie kurz zu schneiden wagen?

Bei dem Gedanken wird mir bang!

Mir würde’s ja vielleicht gefallen.

Doch ganz sicher sonst auch allen?

Einmal erscheint mir dies geraten,

und dann wieder das Gegenteil.

Ich mag aber nicht länger warten!

Mir scheint, ich weiß nicht wer ich bin,

und das geht mir nicht aus dem Sinn.

Das Spiegelglas gab drauf zurück:

Du kannst all das bloß selber spüren.

Ob dein Weg dich führt zum Glück,

ob er nur Gutes wird berühren,

das verraten dir die Augen,

die dich ansehen aus dem Glas.

Sie blicken ja in dich hinein –

Und auch aus dir heraus.

Besser könnt es gar nicht sein,

macht’s du es mit dir selber aus.

Es gilt ja immer nur ein Maß:

Wenn das Außen gleicht dem Innen,

beides bildet Harmonie!

Dann werden auch die Wege stimmen.

Dies zu bedenken, vergiß nie.

Dann war’s, als ob der Spiegel zeigte,

wie das Mädchen selbst sich sah,

wohin im Inneren es neigte.

Und von da an nun geschah,

daß stets der Spiegel hilfreich war,

da jetzt das innere Bild er zeigte.

Dieses stimmte zwar,

oft mit dem äußern noch nicht überein,

die Harmonie war noch nicht ganz gegeben.

Doch je mehr das Mädchen diese schuf,

gewann es ein neues, selbstbewußtes Leben.