Ueberblick

Aus

Ein

mailto:info@causa-nostra.com

Rundblick

Ausblick

Einblick

Rückblick

Überblick
     
   

Rückblick 

     

Okkultismus ...

       
     
       
     

Okkultismus

       
     
       
     

„Okkultismus“   und die erste Esoterikwelle der Neuzeit

In den Jahren zwischen 1870 und 1940 – rund gerechnet – gab es in Europa und den Vereinigten Staaten jene „erste Esoterikwelle“ Neuzeit, die in den 1920er und 1930er Jahren ihren Höhepunkt fand und in mancherlei Hinsicht bis in die Jetztzeit weiterwirkt. Dabei ist die Bezeichnung „Esoterikwelle“ bewußt gewählt, denn schon damals kam es zu einer massiven Kommerzialisierung der Dinge, die rundum mit dem Begriff „Okkultismus“ belegt wurden (was im Grunde wenigstens immer noch richtiger ist als öffentlich Publiziertes „Esoterik“ zu nennen). Es gab keinen Unfug, keinen Mumpitz, der sich damals nicht auf eine Weise hätte vermarkten lassen, daß sogar heutige Marketingexperten des Esoterik-Geschäfts davon noch lernen könnten.

Besonders Deutsche und Angelsachsen ließen sich von dergleichen erfassen.

In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen nahm der Okkultismus vielfach politische Züge an, dem Geist der Zeit entsprechend, vornehmlich rechtsgerichtet. Verschiedene Denkrichtungen waren bemüht, die spirituelle Richtigkeit und irdische Berechtigung ihrer Anschauungen durch esoterische Hintergründe zu begründen.

Ohne Frage haben okkultistisch-esoterische Motive auch an der Wiege des Nationalsozialismus eine Rolle gespielt. Wenn 1941 im NS-Deutschland sämtliche esoterischen Vereinigungen verboten wurden, so hat die NS-Bewegung selbst doch massiv aus den Quellen des Okkultismus geschöpft, und es läßt sich bis heute nicht genau eingrenzen, was alles sich da als bedeutsam ausgewirkt hat. Namentlich in Kreisen der SS wirkten esoterische Motive sicherlich weit über Bekanntes hinaus.

Auch das Hakenkreuz ist schließlich ein esoterisches Zeichen. Dabei könnte die Annahme, es sei aus dem germanischen Sonnerad hervorgegangen, welches mit der indischen Swastika verwandt ist, eine Fehldeutung sein. Ebenso kommt das ursprünglich aus Babylon stammende, in der Gnosis verwendete Symbol der vier angewinkelt durch die Weltzeitalter laufenden Beine in Frage, aufgrund der Drehrichtung dies vielleicht sogar eher.

Der Okkultismus hatte in den Jahren zwischen den zwei Weltkriegen nicht bloß kommerziell gesehen Hochkonjunktur, er durchdrang die Ideen und Vorstellungswelten der Menschen über das hinaus, was das Geschäft mit der Sache ausmachte. Dabei hat in kleinen aber nach Anzahl nicht wenigen Kreisen durchaus eine Abgrenzung gegen den allzu offenkundigen Kommerz stattgefunden, was letztlich dazu führte, daß Wertvolles der Geschäftemacherei vorenthalten blieb.  

Auf den geschäftigen Okkultismus übten zwei Faktoren den stärksten Einfluß aus: Zum einen die noch relativ jungen Erkenntnisse, Theorien und Hypothesen der neuzeitlichen Naturwissenschaften, zum anderen die aus sehr alten Kulturen emporströmenden Impressionen, wie besonders aus Sanskrit-Texten, den Überlieferungen aus Arya Varta, dem alten Indien. Mehr oder weniger willkürliche Kombinationen und Vermengungen dieser beiden Faktoren bildeten die Grundlage der meisten esoterischen Anschauungen jener Jahre. Dabei kam es aufgrund der Unvollkommenheit des naturwissenschaftlichen Erkenntnisstands wie auch der Unmöglichkeit, exotische Altsprachen sicher zu übersetzen, zu zahlreichen Irrungen und Wirrungen. Diese wurden durch geschäftstüchtigen Mißbrauch noch verschlimmert; denn wo niemand wirklich Genaues zu sagen vermochte, war dem Verbiegen und Verdrehen Tür und Tor geöffnet; auch Leute, die kaum zwei Worte der alten Sprachen verstanden, konnten sich gegenüber einem leichtgläubigen Publikum als „Wissende“ ausgeben - und das ist häufig geschehen.

Eine alte Weisheit der Wissenschaft lautet: Jeder Forscher steht auf den Schultern seines Vorgängers. Das ist zweifellos richtig. Wenn nun aber der Nachfolger auf schiefe, falsche, Schultern steigt, wird sein ganzes Nachfolgewerk notgedrungen noch falscher sein als das seines falsch orientiert gewesenen Vorgängers, und dies führt zu einer Kettenreaktion des Falschen.

So ist es in der Zeit der ersten Esoterikwelle vielen ergangen. Sanskrit, die Mutter aller indogermanischen Sprachen, ist die reichste und mannigfaltigste Sprache, die wir kennen. Sogar hochqualifizierte Linguisten stoßen dort an ihre Grenzen. Für viele Sanskrit-Worte gibt es in keiner anderen Sprache eine treffliche Entsprechung. Vollkommen exakte Übertragungen sind daher bis auf den heutigen Tag unmöglich und werden es auch zukünftig bleiben.

Das Sanskrit wurde in Deutschland zuerst erkannt und erstmals übersetzbar gemacht, aber Indien war damals britischer Kolonialbesitz. Die meisten Sanskrit-Texte gelangten also zunächst in die Hände britischer Wissenschaftler. Die englische Sprache ist aber noch weniger als die deutsche für eine einigermaßen genaue Übertragung von Sanskrit-Texten geeignet. Übersetzungen von Sanskrit-Texten auf dem Umweg über das Englische mußten daher noch ungenauer sein, als es bei unmittelbarer Übertragung der Fall gewesen wäre. Eine wirklich sichere Definition ist bei vielen Sanskrit-Worten ohnehin in keiner lebenden Sprache möglich. Um zu diesem Thema ein einfaches, anschauliches Gleichnis anzubieten: Stellen wir uns vor, nach Jahrtausenden würden Texte in heutiger deutscher Sprache aufgefunden. Das Wort „vielleicht“ würde im Sinne von „wahrscheinlich“ definiert werden, da es sich aus den Worten „viel“ und „leicht“ zusammensetzt. Tatsächlich aber bedeutet „vielleicht“ nicht „wahrscheinlich“, sondern „eventuell“. Allein durch solch ein Detail würden ganze Zusammenhänge mißverstanden werden. Dieses banal erscheinende Beispiel demonstriert, wie schwierig es ist, alte, längst erloschene Sprachen inhaltlich und sinngemäß zutreffend zu übersetzen. Nirgends gilt dies so sehr wie im Sanskrit, das nun einmal zahlreiche Worte besitzt, für die es in anderen Sprachen überhaupt kein direktes Äquivalent gibt.

Wie immer man sich zu „HPB“ und Franz Hartmann auch stellen mag, ist eine gewisse Leistung beider doch anzuerkennen. Sie schufen mit ihrer Theosophie die Grundlage für vieles, was folgte – all dies freilich auf mehr als wackligem Boden stehend und insofern kritisch zu betrachten, wo es mehr zu sein vorgibt als phantasievolle Unterhaltung (auch Rudolph Steiner, der Begründer der Anthroposophie, schöpfte übrigens aus dem Fundus der Frau Blawatzky).

Die Ausstrahlung der Arbeiten von Helena Blawatzky wirkte weit, die neuzeitliche Esoterik wäre ohne sie kaum vorstellbar – aber eben mit der Betonung auf: neuzeitliche Esoterik! Das alles ist neu, der modernen Zeit entsprungen! Mit den alten Geheimwissenschaften hat all dies sehr wenig zu tun, in den überwiegenden Fällen gar nichts.

So ist beispielsweise auch die damals besonders häufige Bezugnahme auf Christian von Rosencreuz schlichtweg eine Anmaßung. Alles, was sich in der Zeit der „ersten Esoterikwelle“ - und manches bis heutzutage - „Rosenkreuzer“ nannte, hatte mit dem historischen Christian von Rosencreuz nicht das mindeste zu schaffen. Man wußte vage um einige Ideenansätze des Christian von Rosencreuz, aber nicht mehr. Doch die von seinem Namen ausgehende Faszination war groß. So wurde dieser Name gebraucht – oft auch mißbraucht. Die Bezeichnung „Rosenkreuzer“ entwickelte sich bald zu einer Art Gattungsbegriff für alles Geheimwissenschaftliche, ohne auf den unfreiwilligen Namensgeber direkt Bezug zu nehmen. Die wenigen Rosencreuz-Originalschriften, die es gibt, befinden sich seit Jahr und Tag in einem italienischen  Privatarchiv. Bis auf einen einzigen Brief, wurde niemals etwas davon herausgegeben. Dieser eine Text aber zeigt, daß der historische Christian von Rosencreuz ganz anders dachte, als es ihm die Berufs-Okkultisten aufs Geratewohl unterschoben.

Was für „Rosenkreuzer“ gilt, trifft in ähnlicher Weise auch auf „Templer“ zu. Deren schwierige und ab ca. 1170 keineswegs homogene, zum Teil noch immer unklare Gedankenwelt hielten viele Berufs-Okkultisten für eine unkontrollierbar zu nutzende Spielwiese. Das trieb mitunter irrwitzige Blüten. So erklärte beispielsweise der Salon-Magier „Elifas Lévy“ das geheime Sinnbild der Templer für die Eklesias (die Kirche) als gefallener Engel, in einer von ihm umgewandelten Form zum Abbild des Baphomet. Dieser Irrtum ist noch heutzutage verbreitet. Tatsächlich wurde Baphomet, wie im CN-Kreis bekannt ist, als ein männlich-weibliches Doppelhaupt dargestellt, ähnlich einem zweigeschlechtlichen Januskopf, welchen der von der weiblichen Kopfhälfte ausgehende Haarzopf wie von einer Säule trug. Dahinter stand der Glaube an eine Allschöpferkraft aus den Kräften des Männlichen und des Weiblichen. Ein verschlüsseltes Templer-Symbol ist ferner das umgekehrte Pentagramm. Es steht für die Abkehr vom Pentateuch, den fünf Büchern Mose, ist also kein „Satanszeichen“, wie Unkundige meinen.

Alles Namhafte, was sich in dieser Welt nicht mehr wehren konnte, wurde aufgegriffen, nach Belieben verdreht und vermarktet. Große Namen, wie etwa Agrippa von Nettesheim oder Paracelsus, wurden gerne eingestreut, zumeist ohne nähere Kenntnis dessen, was diese wirklich hinterlassen hatten. Völlig hemmungslos verfuhren viele Berufs-Okkultisten auch mit Zitaten aus alten Texten, die sie merklicher Weise oft gar nicht im Originalwortlaut kannten. Alles und jedes wurde nach Bedarf verdreht und verbogen.

Der Geist dieses Okkultismus’ ist also der einer neuen Esoterik gewesen! Sie gab sich gerne den Anstrich des Alten, doch mehr als ein Anstrich war dies eben nicht. Das Gros der maßgeblichen Quellen hatte seinen Ursprung in einer Kombination aus tatsächlich oder nur angeblich medial Empfangenem, unkritisch übernommenen fehlerhaften Übersetzungen und konstruierten Phantasialogien. Fast nichts davon hatte mit den alten Geheimwissenschaften auch nur das geringste zu tun. Den „Berufs-Okkultisten“ fehlte jeder Zugang zu solchen Quellen. Diejenigen Menschen, die sich wirklich auskannten, blieben unter sich in der Stille. Sie veröffentlichten keine Bücher, hielten keine Vorträge, gründeten keine „Logen“, sie fielen nicht auf. Leute, die in Reinkarnations-Theorien das Heil suchten, sich spitze Hüte aufsetzten oder mit finsterem „magischem“ Blick abbilden ließen (à la Crowley) waren nicht ihre Welt. Dazu kam der scharfe Trennungsstrich, der zwischen den seriösen Altsprachenkennern und den Berufs-Okkultisten verlief. So konnte es zu keiner interdisziplinären Zusammenarbeit kommen. Das lag nicht an etwaiger Ignoranz der Wissenschaftler. Viele von diesen waren gerade damals dem Geistigen gegenüber sehr aufgeschlossen. Die Berufs-Okkultisten indes hatten kein Interesse an solch einem Zusammenwirken, sie wollten ja gerade, daß ihre Behauptungen unüberprüfbar bleiben sollten. Über ernstliches Wissen oder wenigstens eine hervorragende Bildung verfügten sie ja selbst meistens nicht. Einer schrieb vom anderen ab, was dieser wiederum abgeschrieben hatte, falsche Zitate stets inbegriffen. Das führte zu einer Redundanz, welche die Eintönigkeit der damaligen esoterischen Auffassungen erklärt.

„Okkultismus“ war bald zu einem regelrechten Geschäftfeld geworden. Kuriose „Orden“ und „Logen“ sprossen aus diesem Boden. Ob auf das alte Indien, auf Ägypten oder auf das Germanen- und Keltentum fixiert, mit oder ohne politischen Einschlag – die präsentierten Systeme blieben im Prinzip immer die gleichen, und alle waren gleichermaßen falsch (gemessen daran ist der vielgeschmähte Erik Jan Hanussen geradezu seriös gewesen, denn er bekannte sich stets zu seinem Artistenberuf und wußte, wovon er sprach).

Doch auch die Naturwissenschaften gingen damals in vielerlei Hinsicht auf dünnem Eis. Das werden sie immer tun, denn Wissenschaft ist stets das Wissen des Augenblicks, es kann schon morgen überholt sein. Das ist jedem Wissenschaftler bewußt. In der Zeit, als die Theosophie ihren Popularitätsgipfel erreichte, ebenso deren Epigonen, war die Evolutionstheorie relativ jung und beeindruckte viele. Noch wußte niemand, daß das „missing link“ eine Fälschung war. So bestand kaum eine Distanz zur Evolutionstheorie – denn mehr als eine Theorie ist sie nach wie vor nicht, auch wenn ihr die Mehrheit der Fachgelehrten zuneigte und sie heutzutage allgemein als wissenschaftlich ernstzunehmend gilt. Letzte Gewißheit besteht dennoch nicht, jedenfalls nicht über eine Evolution innerhalb der Arten hinaus. In der Ära der „ersten Esoterikwelle“ versuchten nun die vielen Okkultisten, ihre Systeme mit denen der modernen Naturwissenschaften in Einklang zu bringen, oder, richtiger ausgedrückt: diese ihren Systemen dienstbar zu machen. Gerne wurde die Idee der Evolution übernommen, adaptiert und vom Biologischen auch ins Spirituelle übertragen.

Die Vorstellungswelten dieser „ersten Esoterikwelle“ waren zumeist ebenso phantasievoll wie fern ernsthafter Grundlagen. Das heißt jedoch nicht, daß nicht viele der damaligen Esoteriker persönlich bemüht gewesen wären, etwas Sinnvolles zu leisten. Die ehrlichen hatten es aber schwer das Dickicht zu durchdringen, das sie allenthalben umgab.

In dieser Periode trat der Glaube an „Reinkarnation“ seinen Siegeszug in der abendländischen Esoterik an; und das wirkt bis auf den heutigen Tag weiter. Der Mensch des modernen Industriezeitalters hat viel von der Fähigkeit eingebüßt, Geistiges mühelos zu erfassen. Zu den spirituellen Ebenen des Christentums fehlte vielen der Zugang. Dagegen wirkte die Reinkarnations-Theorie viel einfacher. Auf den ersten Blick schien sie auch die Angst vor dem Sterben zu mildern. Ein zweiter Blick auf diese Vorstellung zeigt allerdings, daß gerade „Reinkarnation“ nichts anderes bedeuten würde als Auslöschung der ich-bewußten Persönlichkeit – also Tod! Der Gedanke der Wiedergeburt wurde aber auch mißverstanden. Das begann schon mit Fehlübersetzungen. Wiedergeburt bedeutet nicht das, was das Wort „Reinkarnation“ aussagt. So spricht auch die Bhagawad Gita, richtig gelesen, nicht von Wiederverkörperung auf der Erde noch auf anderen Planeten im diesseitigen Kosmos, sondern von Wiedergeburt auf jenseitigen Welten. Das ist etwas vollkommen anderes. Nicht „re-in-carno“ (zurück ins Fleisch), nicht Auflösung der Persönlichkeit und „Inkarnation“ als eine neue, sondern Wiedergeburt ohne Verlust des Ich-Bewußtseins auf einer anderen, einer jenseitigen Ebene in einer anderen Stofflichkeit. Denn Reinkarnation hieße zwingend Verlust des Ich-Bewußtseins, Tod der Persönlichkeit. Also Wiedergeburt ja – aber nicht re-in-carno.

Ganz grundsätzlich gilt es zu beachten, daß nur sehr, sehr wenige scheinbar alte Schriften wirklich alt und noch im Originalwortlaut verfügbar sind. Ob die Texte der Gita, das Avesta, die Überlieferung Buddhas – nichts davon ist noch im Originalwortlaut vorhanden. Heutzutage sind nur Nacherzählungen von Nacherzählungen verfügbar, oft auf diese oder jene Weise absichtlich verändert. Schon immer ist es bei dergleichen nicht zuletzt um Machtausübung gegangen, um die Ausnutzung des Religiösen für weltliche Zwecke. Wir wissen ja, das trifft auch auf die christlichen Schriften zu. Selbstverständlich sind die Evangelien des Neuen Testaments fern dem verlorenen Original. Ursprünglich hat es nur ein einziges Evangelium gegeben. Johannes schrieb auf Aramäisch es nieder, Matthäus hat es ins Griechische und Lateinische übersetzt. Doch im III. Jahrhundert gab es nicht weniger als 110 verschiedene „Auch-Evangelien“, die sich teilweise diametral widersprachen. Paulus schildert diese mannigfache Verfälschung im Brief an Titus – aber es hat, neben dem echten, auch mindestens fünf falsche „Paulusse“ gegeben. Das wäre ein weitreichendes Thema für sich.

Zur weiteren Verwirrung trug die Gnosis bei. Da gab es einen bizarren Synkretismus sowie auch die Verwendung echter Reste sowohl des Urchristentums wie heidnischer Mythen.

Besonders die alten Ägypter imponierten schon immer – so auch den Berufs-Okkultisten der ersten Esoterikwelle.

Im Römischen Reich war der Isis-Kult zeitweilig der am meisten verbreitete. Schon zu dieser Zeit kam es zu mannigfaltigen Abwandlungen. Mit dem alten Ägypten hatte das bald immer weniger zu tun, und zur Zeit der ersten Esoterikwelle der Neuzeit war vom Ursprung kaum noch etwas erhalten. So wußten die wenigsten, daß mit Tierköpfen dargestellte ägyptische Gottheiten, wie etwa Sechmet oder Anubis, keine Tiergötter bedeuteten, sondern daß diese Darstellungen quasi auf die „Wappenbilder“ der betreffenden Gottheiten zurückgingen, diese Göttinnen und Götter aber ursprünglich voll und ganz in Menschengestalt gedacht wurden.

Schließlich durften auch astrologische Einschläge nicht fehlen, wobei den wenigsten Okkultisten klar war, daß die Babylonier, die Väter der Astrologie, nicht in den Gestirnen des diesseitigen Firmaments die Wirkfaktoren sahen, sondern in den dahinter liegenden Welten der Götter und deren Ausstrahlung. Denn nach dem Glauben der Alten lagen hinter den Sternen die Eingänge zu den Welten der Götter; nicht die Sterne selbst bildeten die Kraftfaktoren. Auch das wurde meist mißverstanden, wie auch das erwartete Zeitalter des „Aquarius“. Dieses neue Zeitalter heißt auch gar nicht Wassermannzeitalter, sondern, richtig, Wasserkrugzeitalter – und das ist von hoher Bedeutung für alles, was damit zusammenhängt.

Aus solch einem Durcheinander von Unwissen mit Mißverstehen bedienten sich die Okkultisten der „ersten Esoterikwelle“, um die gerade erst von Europäern kreierten, vermeintlich alten indischen oder auch ägyptischen Weisheiten damit zu durchsetzen – und der Eine übernahm’s vom Anderen.

Ein tiefgreifendes esoterisches Wissen hat bei den allermeisten Exponenten der ersten Esoterikwelle also ganz einfach nicht bestanden. Sie adaptierten alles für ihre Zwecke, was ihnen brauchbar erschien. Manche hielten das sogar für legitim, weil sie sich einbildeten, selbst Inspirationen empfangen zu haben und meinten, diese höher ansetzen zu dürfen, als wirkliches Wissen, über das sie sowieso nicht verfügten. Bekannte Namen oder Begriffe wurden ohne jegliche Sachkenntnis willkürlich uminterpretiert, Fremdworte dem Publikum vorgeworfen, deren Bedeutung die Verwender oft selbst nicht verstanden - etc.

Es war eine bizarre Epoche – im Gesellschaftlichen und Politischen und eben auch hinsichtlich der veröffentlichten Esoterik. Man wollte vor allem: „anders“ erscheinen. So wurde beispielsweise sogar Jesus Christus zum „Guru“ oder „Magus“ erklärt.

Die Kombination aus Unfug und Unwissenheit nahm nicht selten die krausesten Formen an, womit das Gros des Publikums den Mumpitz aber schließlich zunehmend durchschaute und der ersten Esoterikwelle ein natürliches Ende bereitete.

Die zweite Esoterikwelle, die in den 1970er Jahren emporströmte und immer noch anhält, hat teilweise neue Facetten geboten, aber auch viel aus den Jahren der ersten Esoterikwelle ausgegraben und - manchmal adaptiert, manchmal auch 1:1 - wieder verbreitet. Einiges freilich blieb auch in der Versenkung verschwunden.

Eine gewisse Furcht vor  „rechter Esoterik“, die mitunter erkennbar wird, muß insofern unsinnig genannt werden, weil sich Esoterik mit Politik nach neuzeitlichem Verständnis gar nicht verbinden kann. Wer welche Idee womöglich aufgreift, das bestimmen äußere, durchaus exoterische Zustände, die nach   -  Diesem oder Jenem  -  quasi  "seelischen Bedarf"  aufkommen lassen.

       
               
               
     

       
               
               
Überblick Ausblick Einblick Rückblick Rundblick Galerie Tonarchiv

Home


Um an die Stelle  "zurück"  zuspringen, von der Sie gekommen sind,   verwenden Sie bitte den  "Zurück-Pfeil"  Ihres Browsers !