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Roms sprechende Steine

       
     
       
     

Roms sprechende Steine

       
     
       
     

Roms sprechende Steine


Während seines Pontifikats hat Papst Sixtus V. 1585 bis 1590 eine religionspolitisch motivierte Bautätigkeit entfaltet und dabei auch «heidnische» Hinterlassenschaften christianisiert. Davon legen vier Obelisken und ihre Inschriften ein bis heute sprechendes Zeugnis ab.

 


(Bild: Gregorio Borgia / Keystone / AP)

 

Dem Sonnengott ent- und dem Christengott zugeeignet, wirft der Obelisk auf der Piazza del Popolo seinen Schatten.

«Dem allerheiligsten Kreuz hat Papst Syxtus V. (den Obelisken) geweiht, nachdem er von seinem früheren Standort losgerissen und den Kaisern Augustus und Tiberius mit Fug und Recht – I(ure) L(icito) – entzogen war, 1586.» Die unscheinbare Inschrift an der Spitze des Vatikanischen Obelisken in gut dreissig Metern Höhe bekundet, ja beurkundet einen bedeutsamen Epochen- und Besitzerwechsel; mit ihr wird die alte Weihung an den «vergöttlichten Augustus» und seinen Nachfolger Tiberius am Fuss des Obelisken für nichtig erklärt und durch die neue Weihung an das christliche Kreuz ersetzt.

Die lapidare Urkunde ist nur mit dem Fernglas und jeweils nur im seitlichen Mittagslicht zu entziffern; ihre Adressaten sind ja auch zuvörderst jene zwei Cäsaren. Für uns Menschen sind Enteignung und Neuweihung auf der Basis festgeschrieben: Papst Sixtus V. habe den Obelisken, der «den Göttern der Heiden in ungläubigem Kult geweiht war – dis gentium impio cultu dicatum –, zu den Schwellen der Apostel versetzt» und ihn «dem unbesiegten Kreuz, nachdem er von unreinem Aberglauben entsühnt war – ab impura superstitione expiatum –, gerechter und glücklicher geweiht im Jahre 1586, seines Pontifikats 2».

Im Jahrestakt

Zwölf Jahrhunderte nach dem Verbot der heidnischen Kulte durch Kaiser Theodosius I. werden die heidnischen Götter hier nochmals förmlich ausgetrieben, die antiken Monumente neu in den Dienst der christlichen Sache übernommen. So bereits 1568 das Kapitol, die Kultstätte der kapitolinischen Dreiheit Jupiter, Juno und Minerva. Zwei Inschriften im Durchgang zum Hof des Konservatorenpalastes bezeichnen den Neubeginn, die zur Linken zunächst die bauliche Wiedergeburt: «Der Senat und das Volk von Rom hat, dem herausragenden Rang seiner Vorfahren wie im Denken, so im Handeln, soweit es vergönnt war, nacheifernd, das von der Unbill der Zeiten verunstaltete Kapitol wiederhergestellt, im Jahre nach der Gründung der Stadt 2320.» Die entsprechende Tafel gegenüber fixiert die kultische Überschreibung: «Der Senat und das Volk von Rom übergibt das Kapitol, das vornehmlich dem Jupiter einst anvertraut war, jetzt dem wahren Gott, dem Urheber alles Guten, Jesus Christus, mit dem gemeinsamen Wohl kniefällig, es zu beschützen, im Jahre nach dem Einzug des Heils 1568.»

Im Jahrestakt hat Sixtus V. in seinem kurzen Pontifikat 1585 bis 1590 seinen Architekten Domenico Fontana noch drei weitere, umgestürzt und gebrochen daliegende Obelisken restaurieren und wiederaufrichten lassen, und die Inschriften auf ihren Basen berichten aus erster Hand von ihrer Entsühnung und Neuweihung, einem wahrhaften Recycling dieser steinernen Riesen unter christlichem Zeichen.

Noch als Kardinal Felice Peretti hatte Sixtus V. für die seit alters in S. Maria Maggiore verehrten Krippenreliquien die Cappella Sistina am rechten Seitenschiff der Basilika gestiftet; im dritten Jahr seines Pontifikats, 1587, hat er den kuppelbekrönten Bau der «allerheiligsten Krippe unseres Herrn Jesus Christus» geweiht und ihr gegenüber den einen der beiden Obelisken vom Mausoleum des Augustus aufgestellt. Die vier Inschriften auf seiner Basis schlagen jede auf ihre Art den Bogen von dem alten zu dem neuen Ort, von dem alten zu dem neuen Herrn. Die erste markiert knapp die immergleichen Wendepunkte eines solchen Obeliskenlebens: die Überführung von Ägypten her und die alte Weihung «an Augustus in dessen Mausoleum», den Sturz und das lange Herumliegen der Bruchstücke, die Wiederherstellung des Äusseren und die neue Weihung an das «heilbringende Kreuz». «Felicius», «glücklicher», heisst es da am Ende, habe Sixtus V. ihn «hier» wiederaufrichten lassen; das will sagen: Hier wird er nicht wieder stürzen.

Der Wechsel vom Grabmal zur Krippe hat auch den übrigen Basisinschriften das Stichwort gegeben. Die zur Chorfassade hin verknüpft die Friedensbotschaft der himmlischen Heerscharen mit der Friedensverheissung der Pax Augusta: «Christus möge durch das unbesiegte Kreuz dem Volk seinen Frieden gewähren, er, der im Frieden des Augustus in die Krippe geboren werden wollte.» Die Tafel auf der Gegenseite erinnert an die römische Legende, nach der Augustus am helllichten Weihnachtstag die Jungfrau mit dem Knaben im Schoss am Himmel erblickt und diesen auf das Geheiss der Sibylle als den «Grösseren» angebetet habe. Hier wird dieser Obelisk als erster auch unbildlich zu einem sprechenden Stein: «Christus den Herrn, welchen Augustus, als der Knabe von der Jungfrau geboren werden sollte, zu seinen Lebzeiten angebetet hat – und ihn selbst fortan noch ‹Herr› zu nennen, verbot er –, bete ich an.»

Vollends im eigenen Namen und in eigener Sache bekennt sich der Obelisk auf der vierten Seite seiner Basis «freudigst» zu seinem neuen Dienst: «Christi Dei / in aeternum viventis / cunabula / laetissime colo, / qui mortui / sepulcro Augusti / tristis / serviebam.»

Vierzehn Worte lapidares Latein; vier Zeilen gelten dem Jetzt, vier Zeilen dem Einst, und jedes Wort im Jetzt findet sein Gegenwort im Einst: «Christi, des auf ewig lebenden Gottes, Wiege verehre ich freudigst, der ich dem Grabmal des toten Augustus freudlos so lange gedient habe.» In raffinierter Verschränkung und Steigerung steht hier Christus gegen Augustus, das ewige Leben gegen den Tod, die Wiege gegen das Grabmal, höchste Freude gegen Freudlosigkeit, Verehrung gegen Sklavendienst, und das Imperfekt «serviebam» am Schluss unterstreicht die lastende Dauer.

Reinigung

Auf den Esquilinischen folgte der Lateranensische Obelisk, der grösste der vier. Drei Seiten der Basis erzählen seine spektakuläre Geschichte: wie Konstantin der Grosse den «mit unreinem Gelübde – impuro voto – dem Sonnengott geweihten» Obelisken auf dem Nil zunächst nach Alexandria brachte und für sein «neues Rom» Konstantinopel vorsah; wie darauf Constantius II. ihn «auf einem Schiff mit dreihundert Ruderern, von staunenswerter Riesengrösse», nach Rom überführte und im Circus Maximus aufrichtete; wie schliesslich Sixtus V. den «geborstenen und tief in Schutt und Schlamm versunkenen» Obelisken herauszog und den «sorgsamst zu seiner früheren Gestalt wiederhergestellten» Riesen dem «unbesiegtesten Kreuz» weihte. Die vierte Seite rühmt nochmals Konstantin, den «Sieger durch das Kreuz» und Stifter der Lateranbasilika; eine Freudenbekundung des Obelisken selbst hat hier nicht mehr Platz gefunden.

Erst der vierte Sixtinische Obelisk, den Domenico Fontana 1589 gleichfalls aus dem Circus Maximus barg und inmitten der Piazza del Popolo aufstellte, nimmt den Jubelruf des Esquilinischen auf. Nach Norden und Süden hin zeigt die Basis noch die alte Weihinschrift: «Des vergöttlichten (Julius) Sohn, Augustus . . ., hat (den Obelisken), nachdem Ägypten in die Gewalt des römischen Volkes gebracht war, der Sonne zum Geschenk gegeben.» Die West- und die Ostseite tragen neue Inschriften; die erste beschreibt zunächst wieder Glanz und Elend, oder eher umgekehrt: Elend und Glanz, eines derart wechselvollen Obeliskenlebens, von der augusteischen Weihung «nach unfrommem Ritus an den Sonnengott» und dem «jämmerlichen Sturz» bis zu der Überführung an den neuen Ort und der neuen Weihung an das «unbesiegteste Kreuz».

Im Osten, zu der Kirche S. Maria del Popolo hin, spricht auch dieser Obelisk wieder in eigener Sache. Übermütig spielt er mit dem Namen seines alten Stifters, des Augustus, und dem seines alten Götzen, des Sonnengotts, wenn er den Ehrentitel Augustus, «der Erhöhte», auf seinen stolzen Status vor S. Maria del Popolo bezieht und Christus mit dem Buch Maleachi als die «Sonne der Gerechtigkeit» anspricht: «Ante sacram / illius aedem / augustior / laetiorq(ue) surgo, / cuius ex utero / virginali / Aug(usto) imperante / sol iustitiae / exortus est.» – «Vor dem heiligen Gotteshaus derer rage ich höher erhöht und freudiger auf, aus deren jungfräulichem Leib, während Augustus herrschte, die Sonne der Gerechtigkeit aufgegangen ist.»

Im gleichen Jahr 1589, dem vierten seines Pontifikats, hat Sixtus V. noch die Mark-Aurel-Säule auf der Piazza Colonna in den Dienst der christlichen Sache gestellt und dem Apostel Paulus geweiht. Vier augenfällige Inschriftentafeln ersetzten die arg lädierten Basisreliefs. Kaiser Mark Aurel, sagt die erste, habe diese «triumphale Säule» nach seinen grossen Siegen über Armenier, Parther und Germanen seinem (Adoptiv-)Vater Antoninus Pius, dem «Frommen», geweiht. Das war, wenn kein Irrtum, raffiniert erfunden. Die beiden folgenden Tafeln gelten der baulichen und der kultischen Restauration: Sixtus V. habe «diese dem Antoninus geweihte, jämmerlich zugerichtete und vom Einsturz bedrohte Schneckensäule wiederhergestellt», er habe diese Säule, «nachdem sie von allem Unglauben gereinigt war – ab omni impietate expurgatam –, dem heiligen Apostel Paulus, mit dessen vergoldeter Bronzestatue auf ihrem Scheitel, zum Geschenk gegeben».

Auf der vierten Seite, im Norden gegen die Piazza del Popolo hin, spricht auch diese «triumphale Säule» wieder im eigenen Namen. Sie kostet den Wechsel von dem alten Triumphator Antoninus Pius zu einem neuen, noch grösseren Triumphator genüsslich aus, und «Triumph» ist da ihr erstes und ihr letztes Wort: «Triumphalis / et sacra nunc sum / Christi vere pium / discipulum ferens, / qui per crucis / praedicationem / de Romanis / barbarisq(ue) / triumphavit.» – «Triumphal und heilig bin ich jetzt, da ich Christi wahrhaft frommen Schüler trage, der durch des Kreuzes Verkündigung über Römer und Barbaren triumphiert hat.»

Mit der Mariensäule vor der Front von S. Maria Maggiore ist der Jubel jenes Krippenobelisken ein Vierteljahrhundert später auf den Esquilin zurückgekehrt. Papst Paul V. hat sie 1614 dem Obelisken vor dem Chor der Basilika gegenübergestellt, und sie fällt als vierte und letzte in den sixtinischen Freudenchor ein. Eine vielzeilige Inschrift auf ihrer Basis berichtet von der Überführung der Riesensäule aus den «ungeheuren Ruinen» des vermeintlichen vespasianischen «Friedenstempels» – tatsächlich der Maxentius-Basilika am Forum Romanum – und von ihrer Übereignung an die «allerseligste Jungfrau, aus deren Leib der Fürst des wahren Friedens hervorgegangen ist».

Des wahren Gottes Mutter

Die anderen drei Seiten der Basis tragen Versinschriften, und wieder auf der vierten Seite bekennt sich nun auch diese Säule «freudig» zu ihrem neuen Dienst. Ihr Freudenruf erwidert den Ruf des Obelisken von der Rückfront der Basilika herüber, ja tönt wie ein Echo darauf; auch hier gelten vier Zeilen, zwei Verse, dem bedrückenden Einst, vier Zeilen dem zukunftsfrohen Jetzt; auch hier lässt ein Imperfekt die Last des alten Dienstes spüren. In einem hält die Säule es anders: Nach ihrer himmlischen Herrin erweist sie zu guter Letzt auch ihrem irdischen Stifter noch die Reverenz: «Impura falsi templa / quondam numinis / iubente moesta / sustinebam Caesare; / nunc laeta veri / perferens matrem Dei / te, Paule, nullis / obticebo saeculis.» – «Die unreinen Tempel einer falschen Gottheit habe ich einst auf Geheiss des Kaisers traurig getragen; jetzt, da ich freudig des wahren Gottes Mutter fortan trage, werde ich von dir, Paul, zu keinen Jahrhunderten schweigen.» Sie hat Wort gehalten, nun seit 399 Jahren.

Die lange, auf drei Schrifttafeln verteilte Grabinschrift für Sixtus V. in der Cappella Sistina rühmt am Schluss die «Grossartigkeit der Bauten», mit denen Sixtus V. die Stadt geschmückt habe, hebt aber einzig die «Vatikanische Schildkröte» hervor, die kurz vor dem Tod des Papstes bis zum Kuppelring vollendete Peterskuppel. Die Sixtinischen Obelisken sind darin nicht genannt, erst recht nicht der kleinste der vier, der sprechende Herold gegenüber ebendieser Krippenkapelle, der damals als erster seinen Jubel in die Stadt hinausgerufen hat. Es mag ihn betrüben, dass so wenige, die da vorübergehen, seinen Ruf vernehmen und an seiner Freude teilnehmen: Sein Herz ist nicht von Stein.

Die vollständigen Inschriftentexte samt zeilengetreuer Übersetzung finden sich in: «Roms sprechende Steine. Inschriften aus zwei Jahrtausenden.» Gesammelt, übersetzt und erläutert von Klaus Bartels, Verlag Philipp von Zabern, 4., durchgesehene und ergänzte Auflage.

 

Anmerkung von CN:

Somit gibt es ein meist unbemerktes schriftliches Relikt im Vatikan, welches Jesus Christus als einzigen Gott anerkennt.

 

       
               
               
     

       
               
               
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