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Deutschland Feindstaat der Vereinten Nationen

       
     
       
     

Deutschland, Feindstaat der Vereinten Nationen

DIE WELT, 25. Sept. 2012   © picture alliance / akg-images

 

Die Bundesregierung strebt einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat an. Dabei gelten Deutschland und seine ehemaligen Verbündeten des Zweiten Weltkriegs laut UN-Charta immer noch als Feindstaaten. 
Von Berthold Seewald

 

Um zu verstehen, warum der drittgrößte Beitragszahler der UN, der im Auftrag der Weltorganisation Soldaten in diverse Krisenherde der Erde versandt hat, zu den Schurkenstaaten des Planeten gehört, muss man in die Gründungsgeschichte der Vereinten Nationen zurückgehen, in den Zweiten Weltkrieg.

Am 26. Juni 1945 unterzeichneten Vertreter von 50 Staaten (zu denen kurz darauf Polen stieß) in San Francisco die Charta der Vereinten Nationen. 
Am 30. Oktober 1943 formulierten die USA, England und die Sowjetunion in Moskau ein Papier, das als "Moskauer Erklärung" in die Annalen eingehen sollte. 
Darin wurden zum einen die Kriegs- und Friedensziele der drei Partner im Kampf gegen Nazi-Deutschland niedergelegt, zum anderen die Möglichkeiten, nach dem erhofften Sieg ein Modus Vivendi des künftigen Miteinanderauskommens zu finden.

Dazu wurde – mit Rückgriff auf den Völkerbund der Zwischenkriegszeit – die Gründung einer Organisation angestrebt, die Frieden und Zusammenarbeit zwischen den Nationen gewährleisten sollte. Die Vertreter des "freien Frankreich" traten dem Bündnis kurz danach bei.

 

Die Frontstellungen des Krieges gingen denn auch in die Charta der Vereinten Nationen ein, die am 26. Juni 1945 von 50 Nationen in San Francisco unterzeichnet wurde. In dieser Verfassung der Uno wurden alle "Zwangsmaßnahmen aufgrund regionaler Abmachungen" gegen einen Staat verboten, es sei denn, es handele sich um einen "Feindstaat". Dieser Ausdruck, heißt es in Artikel 57, "bezeichnet jeden Staat, der während des Zweiten Weltkriegs Feind eines Unterzeichners dieser Charta war". Die 77 und 107 Artikel bieten weitere Ausführungsbestimmungen.

In Europa ist diese Liste nicht einmal kurz: Italien, Ungarn, Rumänien, Finnland, Kroatien, die Slowakei und natürlich Deutschland mit Österreich sowie Japan sind in diesem Sinne immer noch "Feindstaaten", die anzugreifen die UN-Charta einen Freibrief darstellt. Allerdings wurde er selbst im Kalten Krieg nicht bemüht, um eine Invasion in Deutschland zu legitimieren.

Das liegt zum einen an der Charta selbst, die einen Angriff auf einen "Feindstaat" nur unter der Bedingung erlaubt, dass dieser seine "Angriffspolitik" wieder aufnimmt. Auch das allgemeine Gewaltverbot, das die UN-Charta postuliert, würde dem widersprechen.

Eine Änderung ist nicht in Sicht.

Die USA, England und Frankreich als die ständigen westlichen Mitglieder des Weltsicherheitsrats als des höchsten Exekutivgremiums der UN haben beizeiten schon auf ihr Interventionsrecht verzichtet. Die Sowjetunion tat dies im Rahmen der Ostverträge.

Mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag 1990 erloschen darüber hinaus die Besatzungsrechte der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs. Im übrigen, argumentieren Staatsrechtler, müsste der Weltsicherheitsrat einen Angriff gegen einen "Feindstaat" erst legitimieren, bevor er erfolgen würde. Außerdem wurde in einer UN-Resolution 1995 die "Feindstaaten"-Klausel bereits als obsolet bezeichnet. Und, wie es im Juristendeutsch so schön heißt, haben sich nach dem Verfahren des opinio iuris die Grundzüge der Feindstaaten-Klausel geändert.

Dennoch gibt es die merkwürdige Situation, dass Deutschland einen ständigen Sitz in diesem Gremium anstrebt und zugleich per UN-Grundgesetz als "Feindstaat" deklariert wird. "Eine Streichung aus der Charta ist ein gewaltiger Aufwand und wird wohl eher im Rahmen einer grundlegenden Reform der UN stattfinden", sagt der Politologe Klaus Dieter Wolf. Die aber ist derzeit nicht in Sicht.

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