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Rundblick |
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Deutschland und die Menschenrechte |
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Deutschland und die Menschenrechte Kurz nach Ende des 2. Weltkriegs kamen Vertreter vieler Nationen mit dem festen Willen zusammen, künftige Geschlechter von der Geißel des Krieges zu bewahren. Sie gründeten am 26. Juni 1945 in San Franzisco die Organisation mit dem Namen „Vereinte Nationen“. Sie bekräftigten dabei den Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit und versprachen sich gegenseitig nach einem der verheerendsten Kriege, zukünftig als gute Nachbarn in Frieden miteinander zu leben. Etwa 3 Jahre später, am 10. Dezember 1948, verkündete die Generalversammlung der Vereinten Nationen nach intensiven Verhandlungen und Gesprächen in Paris die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Diese Erklärung solle das gemeinsam zu erreichende Ideal für alle Völker und Nationen sein. In der Präambel sowie 30 Artikeln werden die wichtigsten Grundlagen und Ziele für das gedeihliche Zusammenleben der Menschen und Völker zusammengefasst. Die Erklärung benennt die Würde, die allen Menschen innewohnt, als DIie Grundbedingung für Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt. Um diese Würde nicht zu gefährden, bedarf es der Herrschaft des Rechts, das die Menschen und ihre Rechte schützt und sie vor Tyrannei und Unterdrückung bewahrt. Die Mitgliedstaaten verpflichten sich abschließend, die allgemeine Achtung und Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten durchzusetzen. Als man in den Vereinten Nationen nun daran ging, die zunächst unverbindliche Willenserklärung in feste rechtliche Vereinbarungen zwischen den einzelnen Nationen zu formen, erwies sich dies als sehr schwierig. Denn schon kurz nach Beendigung des 2. Weltkriegs zerfiel die Anti-Hitler-Koalition der Alliierten in 2 sich gegenseitig befeindende Blöcke. Auch in der Bewertung der Menschenrechte gingen sie sehr unterschiedliche Wege.
In den bürgerlichen Staaten Westeuropas und Amerikas hatte der Kampf für die bürgerlichen und politischen Rechte in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung 1776 sowie der französischen Revolution 1789 bei der Befreiung von Despotie, Absolutismus und Klerikalismus eine zentrale Rolle gespielt. Diese einklagbaren Rechte waren für die freien und unabhängigen Bürger der Garant bei der Herausbildung eines demokratischen Gemeinwesens. Man nennt sie deswegen im Rückblick auch die Menschenrechte der ersten Generation.
An diesem Konflikt wäre der 1948 gefaßte Beschluß der Vereinten Nationen fast gescheitert, der Willenserklärung der Menschenrechte feste Vereinbarungen folgen zu lassen. Da jedoch beide Seiten ihr Gesicht wahren wollten, einigten sie sich schließlich darauf, die Menschenrechte in ihrer Gesamtheit auseinander zu teilen und sie in zwei voneinander getrennte Pakte zu sortieren: in den Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie den Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Im Dezember 1966 wurden beide Pakte dann von der Vollversammlung der Vereinten Nationen gemeinsam verabschiedet. Rechtskräftig wurden diese beiden Pakte aber erst 1976, als sie jeweils von 35 Staaten unterschrieben waren. Unterzeichnet wurden beide Pakte auch von den beiden deutschen Staaten, nachdem sie 1973 als Vollmitglieder in die Vereinten Nationen aufgenommen wurden. In ihren Argumenten, Stellungnahmen und Bewertungen schlossen sie sich dabei der herrschenden Bewertung und Interpretation des jeweiligen Blocks an, in die sie politisch und militärisch eingebunden waren.
Am Ende einigte man sich nach zähen Verhandlungen in der „Wiener Deklaration“ auf folgenden einmütigen Beschluß: Zitat: „Zwar ist die Bedeutung nationaler und regionaler Besonderheiten und unterschiedlicher historischer, kultureller und religiöser Voraussetzungen in Auge zu behalten, doch ist es die Pflicht der Staaten, ohne Rücksicht auf ihre jeweilige politische, wirtschaftliche und kulturelle Ordnung alle Menschenrechte und Grundfreiheiten zu fördern und zu schützen“.
Zu ihnen gehören u.a. das Recht auf Arbeit, auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen, das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard und das Recht eines jeden, am kulturellen Leben teilzunehmen. Auf der UNO-Menschenrechtskonferenz 1993 in Wien hat die Bundesrepublik damit noch einmal ausdrücklich unterstrichen, daß sie in Zukunft eine unterschiedliche Bewertung und Gewichtung der beiden Menschenrechtspakte ausschließt. Sieht man sich jedoch die politische Praxis der politischen Führungseliten genauer an, so muß mit Bedauern festgestellt werden, daß sie ihren international abgegebenen Verpflichtungen nur unzureichend nachkommt.
In den Artikeln 1-19 bekennt sich die Bundesrepublik zu den unveräußerlichen Grundrechten, die jedem Menschen zustehen. Schaut man sich diese Grundrechte nun einmal genauer an, so ist folgendes festzustellen: Die politischen und bürgerlichen Menschenrechte, also die Menschenrechte der 1. Generation, sind komplett als Abwehr- und Freiheitsrechte des Individuums gegenüber dem Staat im 1. Kapitel des Grundgesetzes aufgenommen worden. Werden sie vom Staat nicht respektiert, kann der Einzelne sie dem Staat gegenüber auf nationaler, und wenn das nicht hilft, auf internationaler Ebene einklagen. Das dafür notwendige Fakultativprotokoll, in dem das Verfahren im Einzelnen festgelegt ist, wurde mit den beiden Pakten ebenfalls 1966 von der Uno verabschiedet. Die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte aber, wie das Recht auf Arbeit bzw. Arbeitsförderung, das Recht auf soziale Sicherung einschließlich einer Grundsicherung in bestimmten Fällen, das Recht auf eine angemessene Wohnung ebenso das Recht auf Bildung. wurden in diesem Kapitel des Grundgesetzes nicht aufgenommen. Gerechtfertigt wird dieses Auswahlverfahren in der Argumentation von Politikern und Juristen damit, daß ihnen nur die Bedeutung einer politischen Absichtserklärung mit geringer rechtlicher Verpflichtungskraft eingeräumt werden könne. Denn, so wird weiter argumentiert, der Staat könne einen gesetzlich einklagbaren Einspruch des einzelnen nicht einlösen, wenn er nicht selber z. B. über Arbeitsplätze verfügt.
Doch der Bundesrepublik bot sich nach dieser verpaßten Gelegenheit eine zweite und viel größere nach der friedlichen Revolution 1989 an. Als sich 1990 in deren Folge beide deutsche Staaten zu einem neuen gemeinsamen Staat vereinigten und damit die über Jahrzehnte erlittene Trennung der deutschen Volkes beendeten, war eine grundlegend neue Situation entstanden. Endlich war die Zeit gekommen, in der sich das deutsche Volk, nun vereinigt, per Volksentscheid selber eine Verfassung geben konnte, wie es Artikel 146 des Grundgesetzes zwingend vorschreibt. Um diesen souveränen Akt vorzubereiten, wurde im Einigungsvertrag festgelegt, daß eine Verfassungskommission des neu gewählten gesamtdeutschen Bundestages diese Vorarbeit innerhalb von 2 Jahren leisten sollte. Am Ende ihrer Arbeiten sollte dann der Verfassungstext zur Volksabstimmung vorliegen.
Aber diese einmalige Chance wurde vorsätzlich von einem großen Teil der politischen Elite, vor allem aber von denen aus der CDU und der FDP verweigert. Im Bundestag konnte so nicht die dafür nötige 2/3 Mehrheit hergestellt werden. Das Grundgesetz blieb deswegen mit geringfügigen Erweiterungen bis auf den heutigen Tag weiter in Kraft. Mit der Arbeitsverweigerung und dem faktischen Vertragsbruch des Einigungsvertrages hatte der 1. gemeinsame Bundestag eine historische Chance verpaßt, das Grundgesetz in eine gesamtdeutsche Verfassung zu überführen. Stattdessen schob und schiebt die politische und wirtschaftliche Elite im vereinigten Deutschland dringend erforderliche Veränderungen für die reale Einhaltung aller Menschenrechte und ihre verfassungsmäßige Verankerung auch weiter vor sich her. Deswegen hat sich auch die Bundesrepublik bis heute geweigert, das inzwischen von der UNO 2010 beschlossene Fakultativprotokoll zu den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechten im Bundestag zu verabschieden. Sie hat damit den Bundesbürgern den Weg zu einer Klage vor dem Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der UNO wegen Verweigerung dieser Menschenrechte unmöglich gemacht, weil erst die Unterzeichnung dieses Fakultativprotokolls die Voraussetzung dafür schafft, seine Rechte auch vor diesem Ausschuss einzufordern, wenn auf nationaler Ebene diese einklagbaren Grundrechte verweigert werden.
Viel problematischer ist, daß diese Parteien mit der unterschiedlichen Einordnung der Menschenrechte praktisch laufend den Artikel 1 des Grundgesetzes nur zur Hälfte gewährleisten, in dem es heißt: Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Menschenrechtler
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