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Die Zukunft gehört den Kampfdrohnen

       
     
       
     

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Die Zukunft gehört den Kampfdrohnen

DIE WELT, 9. Juni 2013

Seit November 2006 ist das Drohnensystem KZO ein amtlich zugelassenes unbemanntes Luftfahrzeug der Deutschen Bundeswehr

Die Zeit der klassischen Kampfflugzeuge geht dem Ende zu. Die Zukunft gehört den unbemannten Systemen der Drohnentechnologie. Denn die Bekämpfung der Kriegsform Terrorismus erfordert moderne Waffen. Von Hans Rühle

Mitte der 80er-Jahre reiste der damalige Verteidigungsminister Manfred Wörner – in Begleitung des Verfassers – nach Israel. Zweck der Reise war die Erkundung neuer technologischer Entwicklungen, insbesondere im Bereich unbemannter Luftfahrzeuge. Der Besuch endete nicht mit dem Abschluss irgendwelcher hoch dotierten Verträge; die beeindruckende Präsentation des israelischen Drohnenprogramms definierte jedoch den Beginn der Überlegungen im Planungsstab des Verteidigungsministeriums für die künftige Verwendung dieser Technologie in der Bundeswehr.

Deutschlands faktischer Einstieg in das Drohnen-Zeitalter erfolgte dann in den 90er-Jahren, als deutsche und französische Firmen das "Kleinfluggerät Zielortung (KZO)" entwickelten, eine allwetterfähige Drohne für Artillerie- und Heeresaufklärung, deren Serienfertigung vom Bundestag 2001 beschlossen wurde.

Inzwischen verfügt die Bundeswehr über 60 KZO, von denen einige in Afghanistan eingesetzt wurden. Seit November 2006 ist die KZO ein amtlich zugelassenes unbemanntes Luftfahrzeug. Die Wehrtechnische Dienststelle 61 in Manching hat mit der Musterzulassung die Verkehrssicherheit und die Luftfahrttauglichkeit des Systems KZO bescheinigt. Damit ist in der Bundesrepublik erstmals ein unbemanntes Luftfahrzeugsystem vollständig nach einer Zulassungsnorm für unbemannte Luftfahrzeuge geprüft und für den bestimmungsgerechten Einsatz zugelassen worden.

Kampfdrohnen – rüstungspolitische Konsequenz

Vor diesem Hintergrund deutet sich schon an, dass der gegenwärtig allseits erweckte Eindruck, Deutschland, Europa und die Welt stünden hinsichtlich der Beschaffung von Drohnen am Beginn einer säkularen Technologieschwelle, ein Irrtum ist. Zurzeit verfügen bereits 87 Staaten über unbemannte Luftfahrzeuge. Zwar sind es überwiegend Aufklärungsdrohnen, doch in fast allen Fällen gilt die Beschaffung von Kampfdrohnen als Option für die Zukunft.

Ein Blick auf den Iran spricht da Bände. Bereits in den 80er-Jahren meldete der innerhalb der Revolutionsgarden platzierte CIA-Agent "Wally" seinen Chefs in Langley, der Iran habe mit der Entwicklung von Aufklärungs- und Kampfdrohnen begonnen. Inzwischen verfügt der Iran über eine breite Palette beider Varianten.

Nicht überraschend ist daher, dass sich im Umfeld des Iran derzeit ein Drohnen-Wettlauf aufbaut. Weltweit größter Exporteur von Drohnen ist Israel, das 24 Länder mit den begehrten Produkten ausgerüstet und in den letzten acht Jahren 4,6 Milliarden Dollar hieraus erlöst hat. Die Gründe für die allgemeine Attraktivität der Drohnen liegen einmal darin, dass sie auch militärisch eher schwachen Staaten die bisher nicht verfügbare Möglichkeit geben, ohne kriegsauslösende Aktivitäten "über den Zaun" schauen zu können, das heißt, unliebsame Entwicklungen im Vorfeld aufklären zu können.

Seine besondere Bedeutung erfährt das Interesse an Drohnen durch die allgemeine Erkenntnis, dass die Zeit der bemannten Kampfflugzeuge ihrem Ende zugeht. Nicht ohne Grund verlautbarte daher ein führender deutscher Luftwaffengeneral vor einigen Monaten, der Eurofighter sei wahrscheinlich das letzte bemannte

Kampfflugzeug, das in der Bundeswehr geflogen werden würde; die Zukunft, so der General, gehöre unbemannten Systemen – das heißt Drohnen.

Zwar sind die öffentlichen Aussagen zu dieser Problematik in vielen anderen Staaten eher zurückhaltend, doch die Sicht der Dinge ist weitgehend identisch. Das gilt auch für Israel und die USA. Israel plant, bemannte Systeme künftig nur noch für einige wenige Spezialaufgaben vorzuhalten.

Und die USA haben mit dem vor wenigen Tagen erfolgreich unternommenen Test, eine Drohne von einem Flugzeugträger aus starten zu lassen, gezeigt, wohin die Reise geht. Die Drohnentechnologie ist daher eine militärische Zukunftstechnologie, auf die kein Staat verzichten kann und sollte, der international handlungsfähig bleiben will.

Ethische Diskussion über Distanzwaffen

Das Völkerrecht steht dieser Entwicklung nicht entgegen. Selbst der Einsatz von Kampfdrohnen zum Zweck der gezielten Tötung ist im bewaffneten Konflikt zulässig, wenn dabei eine Reihe von einschränkenden Bedingungen beachtet wird.

Die Diskussion um eine ethische Problematik im Umgang mit Drohnen ist weitgehend obsolet. Drohnen sind prinzipiell nicht anders zu beurteilen als Raketen, Cruise-Missiles oder eine Vielzahl anderer Distanzwaffen, bei denen sich Schütze und Zielperson nicht sichtbar gegenüberstehen. Es mag obszön anmuten, dass der Einsatz von Kampfdrohnen in irgendeinem fernen Kriegsgebiet von einer behaglich eingerichteten Kommandozentrale per Joystick gesteuert wird, eine neue ethische Dimension des Militärischen lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten.

Insoweit dokumentiert die gegenwärtige Diskussion in Deutschland nur, dass der Terrorismus als moderne Kriegsform noch nicht durchgängig intellektuell bewältigt worden ist. Diese neue Kriegsform erzwingt keine neue Ethik des Krieges, wohl aber eine neue spezifische Sicht tradierter abendländischer Ethik militärischer Gewalt; es geht diesbezüglich daher nicht um grundsätzlich Neues, sondern um Adaption und Neuinterpretationen.

Es sei daran erinnert, dass die Diskussion über Distanzwaffen in der Geschichte der Ethik militärischer Gewalt seit gut 1000 Jahren geführt wird. Es überrascht daher auch nicht, dass in anderen Ländern, die sich mit der Beschaffung von Kampfdrohnen befassen, die ethischen Aspekte nur marginale Bedeutung haben. Die USA sind diesbezüglich ein Sonderfall. Die gezielte Tötung von – dem Völkerrecht unbekannten – "illegalen Kombattanten" im "Krieg gegen den Terror" ist nun einmal ein hochproblematisches völkerrechtliches Konzept.

Deutschland und das Drohnenzeitalter

Was die konkrete Debatte über die Einführung von Aufklärungs- und Kampfdrohnen hierzulande betrifft, muss klar sein, dass über kurz oder lang alle Nato-Verbündeten hiermit ausgerüstet sein werden. Umso bedauerlicher ist es, dass das Thema durch das unglückliche Agieren der Führung im Berliner Bendlerblock auf absehbare Zeit desavouiert ist – vermutlich noch über die nächste Bundestagswahl hinaus.

Doch es werden auch wieder andere Zeiten kommen. Und spätestens dann, wenn die Vorüberlegungen für die Nachfolge des Eurofighter beginnen, wird die Drohnenproblematik wieder auf der Tagesordnung der deutschen Politik stehen. Auch wenn es den Neopazifisten der deutschen Linken nicht passt: Das Drohnenzeitalter hat längst begonnen – und Deutschland ist mittendrin.

 

Der Autor war von 1982 bis 1988 Leiter des Planungsstabes im Bundesverteidigungsministerium

© Axel Springer AG 2013.

       
               
               
     

       
               
               
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